Die Wiener SPÖ möchte das Bezirkswahlrecht so ändern, daß wahlwerbende Listen nur mehr in die Bezirksvertretung einziehen könnten, wenn sie eine 5%-Hürde überwinden. Bislang war es ja so, daß auch relativ kleine Gruppierungen ohne mächtige Bundesrepräsentanz Bezirksräte stellen konnten – vor allem waren das lokale Initiativen und die KPÖ. Derzeit besetzt letztere dank dem gültigen Wahlrecht in 3 Bezirken jeweils ein Mandat.
Klar ist, daß eine solche Neuregelung vor allem den Grünen zugute käme, da Stimmen für diese Kleingruppierungen in Hinkunft als „verloren“ gelten würden und das nächstgeringer Übel für diese Wählerschicht eben die Grünen wären.
Kein Wunder also, daß SPÖ-Klubchef Schicker laut APA (
http://derstandard.at/1343744258554/Wahlrechtsreform-Fuenf-Prozent-Huerde-kommt-auch-in-Bezirken ) versichern konnte, daß das Wahlrechts-Gesamtpaket, das diese 5%-Hürde enthält, auch mit den Grünen „weitestgehend klar“ gemacht worden sei.
Die Grünen hingegen bestreiten eine Akkordierung, weigern sich bislang aber standhaft, selbst eine Position zu haben. Trotz mehrfacher Anfragen war lediglich das Dialogbüro bereit zu antworten, entschlug sich aber einer klaren Stellungnahme (siehe Faksimile).
Die Grünen resp. ihre Vorläuferorganisationen hatten vor mehr als eine Vierteljahrhundert massivst gegen alle Prozenthürden für den Einzug in die Gremien protestiert. Seit sie etabliert sind, war davon nichts mehr zu hören. Daß sie jetzt kein Problem damit haben, lästige Konkurrenz loszuwerden, darf niemanden wundern.
Bernhard Redl
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Update: In der Diskussion unter https://www.facebook.com/diegruenenwien/posts/270271959745270 kam jetzt vom Dialogbüro die Meldung „Wir sind gegen 5% Prozentklausel“.
Schön – aber zu wenig und zu spät. Meinten sie es ernst, würden sie ein klares Statement per Presseaussendung herauslassen, daß die SPÖ voreilig Einigungen verkündet und sie nicht mit der Klausel zufrieden sind. Tun sie aber nicht…
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Update 2, 15.8.2012: Klubobmann David Ellensohn im Standard: „Die österreichische Tradition, dass viele kleine Parteien und Listen auf kommunaler Ebene vertreten sind, finde ich gut. Das will ich nicht unbedingt erschweren. In Wien wären davon derzeit sechs Bezirksräte von rund 1100 betroffen. Ich glaube nicht, dass wir dafür eine Wahlrechtsänderung brauchen.“
Man wird sehen, obs dabei bleibt…
Diskussion dazu von transform.at am Volksstimmefest im Wiener Prater:
Samstag, 1. September 2012, 14:30 Uhr, Diskussionszelt der KPÖ
Demokratie auf Abwegen
Eine Diskussion aus Anlass der Wiener Wahlrechtsreform
Mitwirkende:
Philipp Funovits, Graz
Gilles Garnier, KPF, Soziales, Volksbildung (Education populaire), Sport, Vorsitzender einer Kommission der „violences faites aux femmes“,
und auch in europäischen Gremien, usw. Kabinettchef unter Marie-George Buffet (Vorsitzende der KPF).
Übersetzung: Ulli Kruh
Franz Staudinger, Jurist, Wien
Didi Zach, KPÖ-Bundesvorstand
Moderation: Melina Klaus (angefragt)
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