Eine Diskussion innerhalb der österreichischen Friedensbewegung, die trotz des Konsenses, das Heer abschaffen zu wollen, in der Frage des Verhaltens bei der Volksbefragung uneins ist.
Am 13.November haben Manfred Gmeiner, Christian Mokricky und Peter Steyrer alte Freundinnen und Freunde zur Meinungsbildung in Hinblick auf die Volksbefragung in die altehrwürdigen Räume der Arge Wehrdienstverweigerung – früher Zivildienst – eingeladen: „Wir beobachten nun seit einigen Monaten mit mäßigem Vergnügen, wie ÖVP und SPÖ die Frage der Wehrpflicht tatsächlich einer Volksbefragung zuführen. Die ÖVP entpuppt sich in dieser politischen Groteske plötzlich als begeisterter Fantrupp des Zivildienstes und der Zivildiener, der Verteidigungsminister lässt sich durch die Fragestellung am 20.Jänner zum Agenten eines Berufsheeres machen.
Das wollen wir so nicht über uns ergehen lassen und wir laden Euch – ehemalige Zivis, AntimilitaristInnen und Friedensbewegte – daher zum Meinungsaustausch, zu alternativen Initiativen, zur Standortbestimmung und zu möglichen Zielen und Wegen dahin ein.“
Dieser Einladung für den 19.November folgten auf 2 Treffen rund 25 Leute und im Netz entwickelte sich folgende Diskussion, die vielleicht auch hilft, am 20.Jänner 2013 „das Richtige“ zu tun:
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13.11.2012
Ich wundere mich auch, wie und dass die Abschaffung des Wehrdienstes diskutiert wird und wie wir alte Gegner so dastehen und uns dieses Thema von der SPÖ und ÖVP „präsentiert“ wird.
Wirklich verwunderlich. Wo ist die Friedensbewegung?
Wo ist der friedenspolitische Aspekt?
Ich bin auch nach all den Jahren noch immer für „österreichische Blauhelme“, die der UNO unterstellt sind. Alles andere ist doch absurd.
Christian Wabl, Graz
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18.11.2012
Auch ich ergreife ohne Zögern für das SPÖ-Modell des Berufsheeres Partei und werde am 20. Jänner 2012 entsprechend abstimmen, weil ein solches Berufsheer im Sinn der „unbewaffneten Neutralität“
schrittweise verkleinert werden kann, eine Wehrpflichtarmee aber leider nicht.
Ich fordere die Freunde des ungültigen Abstimmens noch einmal auf zu bedenken, was bei dieser Befragung wirklich auf dem Spiel steht. Die mehr als 23.000 Beschäftigten des bereits bestehenden Berufsheeres werden sämtliche Verwandten und Bekannten mobilisieren, um ihre privilegierten Arbeitsplätze im Rahmen des Wehrpflichtsystems behalten zu können. Dazu kommen treue ÖVP- und FPÖ-Wähler, die Sozialdemokraten und Grünen wieder einmal einen Denkzettel verpassen wollen.
Auf das Ergebnis dieser Volksbefragung werden sich alle zukünftigen Regierungen berufen, wenn es um Rüstungsfragen geht. Gewinnen die Befürworter der allgemeinen Männerwehrpflicht, so sind pazifistische und militärkritische Positionen in Österreich wieder auf lange Sicht marginalisiert. Eine ungültige Stimme hat keinerlei historisches Gewicht, kann nichts bewegen und massiert nur das eigene Ego.
W. Koch
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20.11.2012
Liebe freunde, stellt euch ein wirtshaus vor. Auf der tafel steht: „wir führen alle speisen. Heute dürfen wir 2 gerichte anbieten. Sie können sich für eines der beiden entscheiden“ Würdet ihr hineingehen? Noch dazu, wenn euch beide nicht wirklich munden?
Sind wir tatsächlich so ausgehungert, dass wir schon jeden scheiss fressen müssen? Fakt ist, dass diese befragung nicht von uns initiert worden ist. Ist es ein zeichen von stärke, sich von anderen themen diktieren zu lassen?
Nein.
Also für mich ist die sache klar. Ich werde diese befragung ignorieren.
Ein einziges motiv in dem zusammenhang lasse ich gelten: Diese befragung dazu zu nutzen, um über die realität des militarismus in gesellschaften aufzuklären. Grundlage jedes militarismus ist angst und gewalt. Beide wurzeln müssen beackert werden,dann erübrigt sich diese scheußliche institution ganz von allein, ohne befragung!
D. Bach
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20. 11. 2012
Werter Dieter B., Sie sitzen einem Denkfehler auf, denn wir befinden sich nicht in einem Wirtshaus, sondern in einer Kantine, und da gibt es jeden Tag genau zwei Menüs.
Wenn Ihnen davon keines passt, müssen Sie eben hungrig wieder gehen und sich unter den Demokratieverächtern einreihen. Demokratie heißt immer Kompromisse machen, zwischen Übeln wählen.
W. Koch
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20.11.2012
Werter Herr Koch, Hab wieder was vergessen: Natürlich hats was von chuzpe, die övp zu verdutzen, wenn eine arge zivildienst eine wahlempfehlung für ein berufsheer abgeben sollte. Aber das würd ich dann erst am faschingsdienstag machen, und das wär ja zu spät. Aber ich nehm das eh nicht so ernst. Und entschuldige meine kleine aufregung, ändert eh nichts an den mehrheiten.
D. Bach
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19.12.2012
Aufruf ehemaliger Zivildiener
Jahrzehntelang war der Zivildiener in Kreisen der Militaristen ein „Drückeberger“, ja ein Vaterlandsverräter, dessen Gewissensgründe man als „gewisse Gründe“ nach Laune diskreditierte.
Dieselben Herren versuchen jetzt, die Zivildiener dafür zu
missbrauchen, ihr Militär auf Basis des Wehrdienstzwanges für die männliche Jugend zu sichern. Die Zivildiener werden für den „Wahlkampf“ um die Aufrechterhaltung/Abschaffung des Zwangsdienstes zu einem wichtigen Pfand. Das Argument: Ohne Wehrpflicht kein
Zivildienst. Ohne Zivildienst keine Rettung, keine Altenbetreuung, keine Sozialdienste. Der Zivildiener als Systemerhalter?
Doch was soll damit auch erhalten werden? Der Zwang zum Wehrdienst. Wer den nicht leisten will, geht ins Gefängnis. Wer für Zivildienst votiert, wird mit einem deutlich längeren Dienst bestraft. Wer den Zivildienst verweigert, wird auch hart bestraft. Dieses Zwangssystem sichert den Herren Generälen die jungen Rekruten, die geschunden werden können — auch wenn Frau Burgstaller meint, das habe noch niemandem geschadet (von wem sie das weiß?). Das Zwangssystem sichert aber den Sozialeinrichtungen auch billige Arbeitskräfte. Zwangsarbeiter — wenn man es auf den Punkt bringt.
Gegen dieses Zwangssystem kann man bei der Volksbefragung am 20. Jänner 2013 Stellung beziehen. Wir rufen alle Zivildiener — derzeitige wie ehemalige — auf, sich nicht missbrauchen zu lassen, zur Befragung zu gehen und gegen die Wehrpflicht zu stimmen!
Peter Kolba, ehem. Zivildiener beim Internationalen Versöhnungsbund
Peter Steyrer, ehem. Zivildiener bei der Bewährungshilfe
Fritz Zeder, ehem. Zivildiener im Bundesministerium für Inneres
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19.12.2012
Servus Peter und alle!
Ich werde diesen Aufruf nicht unterstützen, weil er trotz einigem argumentativen Hin-und-Her letztlich dazu dient ein Berufsheer zu installieren.
1. Das aber ist ein Schmarrn, weil es die Chance auf eine
grundsätzlich antimilitaristische Perspektive mehr verbaut als das derzeitige Wehrpflichtigen-Bundesheer (Peter Pilz hat das in seiner PK ja unmissverständlich zum Ausdruck gebracht: „Wenn wir beim jetztigen BH bleiben, dann haben wir in einigen Jahren eine
Abschaffungsdebatte“. Weit hamas bracht: Die Grünen in Sorge um einen effizenten Militarismus! Das ist ja fast so als hätte man sich Anfang des 18. Jahrhunderts bzw. nach Friedrich von Spee Sorgen um das ordentliche Funktionieren der Hexeninquisition gemacht.
2. Angesichts globaler Herausforderungen (weitverbreitete sklavenhafte Ausbeutung, extreme globale Ungerechtigkeit bei der wir keineswegs auf Seite der Unterdrückten agieren, Hunger, Armut, Erderwärmung, Allzeit-Rüstungshoch und Waffenexportboom auch aus der EU, etc.) brauchen wir einen weit reichenden Paradigmenwechsel unserer Sicherheitspolitik und in der aktuellen geopolitischen Situation unseres Landes können uns eine solche Demilitarisierungsperspektive und Lukrierung einer entsprechenden Friedensdividende zugunsten der Milderung und Lösung dieser Probleme auch leisten. Militärische Sicherheitspolitik trägt immer die Gefahr der friedenspolitischen Verdummung und Phantasielosigkeit in sich. Welches friedenspolitisches Potential hingegen ein Staat ohne Armee in sich tragen kann, zeigte Costa Rica im Zuge des Mittelamerika-Friedensprozesses der 80er-Jahre.
3. Mittel- und längerfristig wirklich notwendige friedens- und sicherheitspolitische Initiativen, die von unserem Land ausgehen sollten, werden in Eurem Aufruf in keiner Weise angesprochen. Das Wiederaufgreifen der mutigen Nahostpolitik Kreiskys, das Bestreben die UN durch eine Reform zu einer wirklich glaubwürdigen Weltordnungsmacht zu machen (der wir dann gern auch ein kleines österreichisches Truppenkontingent zur Verfügung stellen können), der entschlossene Aufbau eines international einsetzbaren Friendensdienstes, etc.
4. Wie schon bei der Debatte um die EU-Verfassung weigert Ihr euch, den größeren geopolitischen Hintergrund der derzeitigen EU-Entwicklung kritisch zur Kenntnis zu nehmen. Die Bildung eines militärisch effizient gerüsteten Kerneuropa als Bedingung eines Europäischen Imperiums mit pazifizierender Wirkung nach Innen (obwohl man angesichts des Auseinanderdriftens zwischen EU-Nord und EU-Süd sowie der vor sich gehenden klassenkämpferischen Gesellschaftsspaltung in Griechenland, Spanien etc. auch daran Zweifel haben kann) und erhöhter Aggression nach außen ist jedenfalls keine friedenspolitische Alternative, gleichgültig ob wir dabei mit einem Berufsheer oder mit spezialisierten österreichischen Battlegroups auf Basis einer Wehrpflichtigen-Armee dabei wären.
5. Die in Eurem Aufruf enthaltene Option für ein Berufsheer ist auch insoferne völlig unakzeptabel, als unsere Verfassung im Art. 79, Zi 2b immer noch den Einsatz des Bundesheeres nach Innen vorsieht (wovon im Februar 1934 mit dem damaligen Berufsheer gegen die Arbeiterschaft Gebrauch gemacht wurde). Kurz: Euer Aufruf ist analytisch flach, historisch unreflektiert, banal pragmatisch, friedenspolitisch phantasielos und einer Unterstützung nicht wert.
Franz Sölkner, Thal
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19.12.2012
Lieber Franz, ich stimme dir zu und glaube auch nicht, dass der Aufruf eine tiefschürfende Analyse aller Missstände dieser Welt liefert. Aber im Gegensatz zu dir glaube ich nicht, dass er das tun soll. Aufrufe mit dutzenden Seiten werden nämlich nicht gelesen.
Es gibt nun mal diese Befragung, einen anderen Text kann man sich wünschen, es wird ihn aber nicht geben. Egal, was das Ergebnis der Befragung ist, es wird uns idealen Zuständen (Costa Rica?) nicht wesentlich näher bringen.
Wir können nur die pragmatische Entscheidung treffen, welche der beiden Varianten Vorteile gegenüber der anderen hat. Und da ist es für mich keine Frage, dass die Abschaffung des Zwangsdienstes und die Beendigung der Sozialisierung großer Teile der männlichen Jugendlichen im Heer ein Vorteil ist.
Und es stimmt auch nicht, dass im Gegenzug ein Berufsheer eingeführt wird. Das haben wir nämlich schon lange: Es fliegt mit unnötigem Gerät in der Obersteiermark herum, steht am Golan und anderen Orten etc. Und diese Truppe in der Truppe ist auch schon seit immer ein Hort der Reaktion und von Nazis, und es wäre problemlos jederzeit gegen die eigene Bevölkerung einsetzbar (mit und ohne diese
Verfassungsbestimmung). Ich bin Darabos dankbar, dass er (zumindest meiner Wahrnehmung nach) als erster Verteidigungsminister da genauer hinschaut.
Die Auseinandersetzung, wofür das Heer noch gut ist, die ‚globale Herausforderung‘ etc, muss extra geführt werden. So könnte sich Österreich mit und ohne Wehrpflicht an europäischen Kampfgruppen zur Verteidigung ‚unserer Rohstoffe‘ beteiligen. Die Beibehaltung der Wehrpflicht wird uns vor einem solchen Szenario nicht schützen, da wird es politische Auseinandersetzungen brauchen.
Auch ist es eine politische Auseinandersetzung, ob wir auf eine aufgewertete Berufsarmee oder auf eine Restarmee zusteuern. In diesem Zusammenhang wird es u.a. wichtig sein, gegen neue Aufgaben des Heers (Katastrophenschutz, Cyberwar) aufzutreten.
Kurzum, bei der kommenden Befragung wird eventuell ein Loch in ein dickes Brett gebohrt. Es wird noch etliche weitere brauchen. Sich dem zu verweigern, indem man darauf hinweist, dass das Brett nachher ja noch immer da ist, ist wenig konstruktiv.
Heinz Hattinger, Wien
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20.12.2012
Weiß wählen, nicht wählen???
Ein weiße Stimme ist gleich einer ungültigen Stimme ist gleich einer nicht-abgegebenen Stimme. Eine ungültige Stimme ist zugleich eine verlorene Stimme. Sie zählt nicht. Es zählt nicht, dass die Fortführung der Wehrpflicht zur Disposition steht. Es zählt nicht die Möglichkeit, durch das Instrumentarium der direkten Demokratie eine wehrpolitische Weichenstellung zu setzen. Mir erscheint dies verantwortungslos. Alle Umfragen prognostizieren eine Mehrheit für die Wehrpflicht. Eine ungültige Stimme kommt in diesem Fall dieser Mehrheit zugute. Eine ungültige Stimme wird also dazu beitragen, dass die Wehrpflicht weiterhin bestehen bleibt.
Klaus Heidegger, Absam
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20,12. 2012 9:00 PM
Lieber Klaus, Du bist zwar der Meinung, dass es verantwortungslos sei, ungültig zu wählen, aber das Wort, für ein Berufsheer zu stimmen nimmst Du auch nicht in den Mund. Ich finde es nicht
verantwortungslos, ungültig zu wählen, wenn ich beide Varianten ablehne und grundsätzlich für die Abschaffung der Armee bin. Bloß weil ich jetzt aufgerufen werde, für oder gegen Wehrpflicht/Berufsheer zu stimmen, vergesse ich meine pazifistische Gesinnung nicht, und werde diese auch zum Ausdruck bringen, denn „Soldaten sind Mörder“ (K.T.), egal in welcher Organisationsstruktur, ich lasse mich von einer Regierung nicht erpressen, gegen mein Gewissen und meine Gesinnung zu agieren, viele liebe Grüße,
rosalia krenn, Salzburg
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22.12.2012
Liebe Rosalia,
nehme das Wort „verantwortungslos“ in gewisser Weise zurück, weil es doch am wenigsten auf dich zutrifft! Wie du hätte ich mir für eine solche Abstimmung gewünscht, es gäbe eine dritte Option zu wählen: O Abschaffung der Armee. Gäbe es dies, täten wir uns tatsächlich leicht innerhalb der Friedensbewegung. Am 20. Jänner kann ich allerdings nur pragmatisch-strategisch ANTWORTEN zwischen zwei Optionen, bei der nur eine Option den realpolitisch gangbaren Weg frei hält für unsere gemeinsame Zielsetzung eines armeefreien Österreich. In dieser Situation versuche ich zwischen Berufsheerkonzepten zu differenzieren: Es gibt tatsächlich auch Berufsarmeen, die ich nicht als
„Killerarmeen“ bezeichnen würde, es gibt tatsächlich auch Soldaten, die ich nicht wie Tucholsky als „Mörder“ bezeichnen würde. Als jemand, der in einem Ort mit einer großen Kaserne lebt, begegne ich ihnen täglich. Daher ist als Übergangslösung nach der Wehrpflichtabschaffung sicherlich ein stark reduziertes Berufsheer – gegenwärtig haben wir ja ein sehr großes mit 20.000 Berufssoldaten!!! – möglich. Als friedensbewegte und antimilitaristische Menschen werden wir politisch darauf hin arbeiten, dass dieses aber nur im Rahmen der
österreichischen Neutralität agieren kann. Dafür kann es uns gelingen, innerhalb der Sozialdemokratie bis hinein ins BMLV Menschen zu gewinnen. Auch die Grünen mit ihren Konzepten eines radikal reduzierten und ausschließlich im Rahmen der VN agierenden
Bundesheeres lassen sich für diese Option gewinnen. So schaffen wir vielleicht jene Critical Mass, die ein armeefreies Österreich noch zu „meinen Lebzeiten“ realistisch werden lassen könnte.
Klaus Heidegger, Absam
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22.12.2012
Abstimmung verweigern?
Natürlich haben diese Abstimmung nicht wir initiiert „Wir“ haben ja schon länger nichts mehr initiiert. Wirkliche demokratische Mitbestimmung besteht nicht in Abstimmungen, auch nicht in mehr Abstimmungen zu einzelnen Themen. Ob unsere früheren Aktionen viel bewirken konnten sei dahingestellt, aber sie haben sicher zu einem Diskurs beigetragen, zumindest in Teilbereichen der Gesellschaft. Diese Abstimmung zu nützen, sich zu Wort zu melden ist in jedem Falle gut. Die Abstimmung aber zu verweigern, weil nicht unsere
Fragestellung gewählt wurde, halte ich jedoch für falsch.
Es bietet sich hier die Gelegenheit die Wehrpflicht und den damit verbundenen Zwangsdienst als Zivildiener, gegen die wir Jahre lang gekämpft haben abzuschaffen. Eine Abschaffung des Zwangs zum Militärdienst oder zur waffenlosen Variante der Umfassenden Landesverteidigung, zum Zividienst ist in jedem Fall ein Gewinn. Nun gut, es wäre vielleicht keiner, wenn wir statt dessen eine
hochgerüstete, kriegslüsterne Armee bekämen. Aber erstens ist das nicht wahrscheinlich und zweitens wüßte ich nicht, warum die Schaffung einer solchen durch die Wehrpflichtigen verhindert werden sollte.
Natürlich ist es unangenehm, dass man, um für die Abschaffung der Wehrpflicht einzutreten, für ein Berufsheer stimmen muß. Ich behelfe mir da mit einer Übersetzung der Fragen in die Realität.
A: Sind sie für die Wehrpflicht, den Zwang für alle Männer sich einer militärischen Erziehung zu unterwerfen, oder als Alternative zu einem mehr oder weniger sinnvollen, jedenfalls unterbezahlten
Gesellschaftdienst eingezogen zu werden, zur Strafe ein paar Monate länger?
Sind sie damit auch dafür, dass alles beim Alten bleibt und über Veränderungen, mit dem Bevölkerungswillen im Rücken, für Jahre nicht mehr gesprochen werden muss?
B: Oder sind sie dafür, dass die existierende Berufsarmee ohne Zwangsverpflichtete auskommen muss. Dass über den dafür notwendigen Umbau des Heeres eine Diskussion geführt werden muss, die vielleicht wieder Chancen bietet sich im Sinne der Bürgerbeteiligung für eine Reduktion einzusetzen.
Die Wehrpflichtabschaffung wird immer wieder von Militaristen als erster Schritt in Richtung einer Abschaffung der Armee gesehen und als eine ernsthafte Hinterfragung ihrer Institution betrachtet.
Dass nach deren Abschaffung noch viel antimilitaristische Arbeit und Aufmerksamkeit notwendig ist ist klar. Aber warum die Vorraussetzungen dafür ohne Wehrpflicht schlechter sein sollten leuchtet mir nicht ein.
Manfred Gmeiner, Wien
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3.01.2012
Liebe FreundInnen und Freunde,
ich fürchte mich nicht vor dem Berufsheer, dennoch ist mir das Argument vollkommen schleierhaft, warum mit einem Ja zum
Berufsheeresmodell der SPÖ das Bundesheer abgeschafft werden soll! Wäre die Möglichkeit gegen das Bundesheer zu stimmen vom Gesetzgeber vorgesehen, hätte das Parlament den Text der Volksbefragung ja auch in dieser Form beschließen können:
O Für die Beibehaltung der Wehrpflicht
O Für die Einführung eines Berufsheeres
O Für die (Einführung eines Berufsheeres als ersten Schritt zur) Abschaffung des Bundesheeres.
Aber genau die letzte Formulierung wurde eben nicht gewählt, auch wenn Du, lieber Klaus, und andere FreundInnen, das Berufsheeresmodell der SPÖ in diese Richtung (als erstenn Schritt zur Abschaffung) wohlwollend interpretieren mögen. Ja zum Berufsheer heißt ja zum Berufsheer und damit basta! Jede gültige Stimme am 20. Jänner verleiht dem Bundesheer eine höhere Legitimität.
Ich kann und will als Antimilitarist KEINEM Heer meine Zustimmung geben.
Ich bestehe darauf, als Antmilitarist „Nein zu jedem Heer!“ zu fordern und werde daher am 20. Jänner ungültig stimmen. Ich werde den Wahlzettel durch einen Zettel „Bundesheer abschaffen!“ (wie auch auf http://www.verweigert.at zu finden) ersetzen.
Wie auch immer die Befragung am 20. Jänner ausgeht, die SiegerInnen werden gestärkt für ihr militärisches Modell eintreten! Das Infragestellen des Heeres wird umso schwieriger, je höher die Wahlbeteiligung ist.
Christian Mokricky, ARGE f. Wehrdienstverweigerung und Gewaltfreiheit Wien
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03.01. 2013
Lieber Christian!
Ich denke am 20.1.2013 geht es tatsächlich nicht um den Bestand eines Militärs in Österreich, sondern nur um dessen Organisationsform. Daher ist eine Stimme für das Berufsheer auch kein Schritt zur Abschaffung des Militärs; eine Stimme für die Wehrpflicht ebenso nicht.
Aber eines kann man – mit einer Stimme gegen die Wehrpflicht und damit (notgedrungen) für das Berufsheer – sehr wohl bewirken: die Abschaffung von Zwangsdiensten (Wehr- und Zivildienst). Und das ist es mir wert!
Von der Abschaffung des Militärs in Österreich sind wir weit entfernt; da müssten wir erheblich mehr politisches Gewicht zusammenbringen, als wir derzeit haben. Das bleibt natürlich das Ziel. Durch Zetterl in den Befragungs-Urnen kommen wir dem aber nicht näher. Das dient allein der eigenen Gewissensberuhigung, „ein Zeichen gesetzt“ zu haben.
Ich denk an meinen achtjährigen Sohn und versuche wenigstens den Zwangsdienst abzuschaffen.
Peter Kolba, Laab am Walde
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4.01.2013
Lieber Peter, mein jüngerer Sohn ist gerade 14 … und auch für ihn hoffe ich, dass er nicht mehr zwangsgemustert, zwangsrekrutiert, zwangsgezivildienstet wird … das könnte sich ausgehen … stimme deinen Argumenten zu und träume doch auch ein wenig davon, dass die Abschaffung der Wehrpflicht ein Einstieg in weniger Militär sein wird mit der Zielperspektive einer vollständigen Abschaffung. Würden wir uns in der friedensbewegten Szene gegenseitig weniger in Frage stellen, könnten wir vielleicht mehr politisches Gewicht in die Politik einbringen.
Lieber Christian, ich respektiere und teile deine antimilitaristische Einstellung … meine Wahlverhalten am 20. Jänner ist gegen die Wehrpflicht und nicht für eine Berufsarmee … wenn wir ungültig wählen, dann unterstützen wir indirekt die Pro-Wehrpflichtseite. Das möchte ich noch weniger und würde völlig gegen mein Gewissen sprechen.
Klaus Heidegger, Absam
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3.01.2012
Ja Moki, ich finde Dich aufrecht und ich mag Deine Haltung. Im Moment würd ich sie aber lieber missen. Ich bedaure nämlich, dass diese eben jetzt aktuell nicht nur gar keine Wirkung haben wird, sondern auch über die konkrete Fragestellung hinaus, ganz aktuell FPÖ und ÖVP mehr Glück für 2013 bringen wird. Und das, davon bin ich überzeugt, hast Du sicher nicht im Sinn.
Peter Steyrer, Wien
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4.01.2012 Liebe Alle!
Ich darf noch ein taktisches Argument für eine Stimme gegen die Wehrpflicht (und notgedrungen für ein Berufsheer) in die Waagschale werfen:
1) Die öffentliche Diskussion über das Thema ermöglicht es uns, auch antimilitaristische Argumente „unter das Volk“ zu bringen.
2) Wenn die Befragung ein Ja zur Wehrpflicht bringt, muss man am Status quo nix ändern und die Diskussion ist auch schon wieder zu Ende. Wenn die Befragung dagegen eine Mehrheit für ein Berufsheer bringt, dann geht die Diskussion – als Wahlkampfthema – erst recht los, weil …
3) Eine Abschaffung der Wehrpflicht bedingt eine Änderung der Bundesverfassung (u.a. Art 9a und andere). Dies geht nur mit Zweidrittelmehrheit, also dzt. nur mit der ÖVP. Ich fresse einen Besen, wenn die ÖVP da einfach mitgeht. Also muss die SPÖ das Thema in den Wahlkampf ziehen. Vielleicht auch nur unter fadenscheinigen Versprechungen vorübergehend keine Rekruten mehr einzuziehen, ohne die Verfassung zu ändern. Wurscht: das Thema bleibt öffentlich und bietet alle Chancen für eine antimilitaristische Argumentation; so wir stark genug sind, das zu nutzen.
P.S. Die Argumente der Linzer Friedenswerkstatt für eine Stimme für die Wehrpflicht halte ich für sehr verquer. ME müssen wir uns stark genug machen, ein Näherrücken Österreichs an NATO bzw EU
Battle-Group-Strategien politisch zu verhindern und können das nicht an dienstverpflichtete Achtzehnjährige delegieren, die dann dagegen Widerstand (Befehlsverweigerung bis zu 1 Jahr Freiheitsstrafe, Desertion bis zu 5 Jahren) leisten sollen. Im Übrigen gab es zu Zeiten des Vietnamkrieges eine allgemeine Wehrpflicht, die den Angriffskrieg nicht verhindern konnte; erst angesichts von Niederlagen und eigener Opfer drehte die Stimmung und es kam zur Beendigung dieser
Intervention.
Peter Kolba Laab am Walde
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4.01.2013
Ich lese mit einiger Bestürzung diese Debatte unter erwürdig ergrauten Kriegsdienstverweigerern, von denen es etliche offenbar immer noch nicht schaffen, zwischen UN-mandatierten polizeilichen Einsätzen bewaffneter Truppen und kriegerischen militärischen Interventionen zu unterscheiden. Ich mag auch nicht mehr lesen, was denn wäre, wenn die Berufsheerbefürworter die Volksbefragung gewinnen würden. Denn diese Auseinandersetzung ist seit Wochen, ja Monaten entschieden. Es gibt seit Juli 2012 keine einzige Umfrage mehr, die nicht eine Mehrheit für die Wehrpflicht ausweist.
Die Volksbefragung wurde von einer denkfaulen und isolationistischen Linken zugunsten der Stahlhelme von FPÖ und ÖVP entschieden; – es wird nach dem 20. Jänner keine Heeresabschaffungsdebatte in Österreich mehr geben können.
Das beamtete Berufsheer wird nicht von 16.000 auf 8.500 Mann verkleinert. Die Zeitsoldaten erlernen nicht zusätzlich einen zivilen Beruf, der sie besser in die Gesellschaft integriert. Der Umfang des Heeresbudgets bleibt auf Jahrzehnte unangetastet. Die Einsatzfähigkeit für friedenssichernde UN-Missionen wird keinesfalls erhöht. Die Wehrpflichtarmee verlangt weiterhin von jungen Männern, ihr Schicksal an das ihre zu binden. Das Bundesheer nationalisiert weiterhin die Affekte der Österreicher. Kurz: die Chance für einen Aufbruch, über den hier noch in aller Naivität debattiert wird, ist vergessen und vergeben.
Unser tiefer Dank für diese Niederlage der zivilen und friedlichen Perspektive gebührt weniger der dumpfen Rechten als einer politik- und kompromissunfähigen Linken, die sich vor dem Popanz eines »gestärkten militärischen Modells« (Ch. Mokricky) fürchtet und die schmerzende Häutung des Menschen in der Kaserne mit weinerlicher
Demokratiefeindlichkeit besingt.
w. koch Wien
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4.01.2012
Lieber Wolfgang,
deinen Frust über die Selbstlähmung in der Friedensbewegung kann ich gut verstehen und hat mich in den letzten Wochen oftmals wütend gemacht. Sie lähmt auch meine Friedensorganisation. Gerade aber diese Debatte zeigt, dass sich doch etwas tut, etwas aufbricht … und noch gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass die Stahlhelme am 20. Jänner nichts zu feiern haben, weil sich andere ergraute
Kriegsdienstverweigerer entschieden für die Abschaffung des Kriegsdienstzwanges stark machen.
Danke für deine klaren Worte.
Klaus Heidegger
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10.01.2013:
Ich habe weder persönlich, noch als Arge dazu aufgerufen, für die Beibehaltung der Wehrpflicht (oder Wehrdienstes) zu stimmen!
–> Die Arge als solches hat keine einheitliche Meinung (was ich für bedauerlich halte, auch wenn sich nicht meine Meinung durchsetzte). Jeder Mensch muss selbst entscheiden, ob die Berufsarmee das kleinere Übel ist, oder eine Ungültige Stimme. Aber wozu wir aufrufen, ist die klare Meinung „Bundesheer abschaffen!“ durch Beilage eines Zettels (Die Simmabgabe bleibt dadurch gültig) oder durch Hinzufügen auf dem Wahlzettel, kundzutun.
–> Die bessere Verankerung des Bundesheeres in der Gesellschaft kann ich zumindest bei jungen Menschen nicht verorten. Ich gehe seit rund 20 Jahren regelmäßig in Schulen und die (geheimen) Abstimmungen, die ich dort durchführe, ändert sich über die Jahre nicht wesentlich 1/3 abschaffen, 1/3 Berufsheer, 1/3 Wehrpflicht. Wobei in der folgenden offenen Diskussion die SchülerInnen mehr zur Infragestellung des gesamten Systems neigen, die jungen Männer stärker die Meinung vertreten, dass es einen Zwangsdienst geben sollte. Der Zulauf zum Zivildienst zeigt, dass sogar innerhalb des Zwangssystems der Wehrdienst immer weniger Rückhalt findet (aktuell verweigern 37 % der tauglichen Jugendlichen den Wehrdienst und werden Zivildiener).“
Christian Mokricky
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Diskussion mit Einverständnis aller Beteiligten moderiert und zusammengefasst von Peter Steyrer.
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