Hype der Nürnberger Morgenröte

Gibt es die Nürnberger Parteizelle der griechischen Neonazipartei „Goldene Morgenröte“ wirklich? Seit ein paar Tagen geistert sie durch die Medien — doch so gut wie alle Infomationen darüber inclusive der behaupteten Gründung der „ersten Zelle der goldenen Morgenröte in Westeuropa“ stammen von einem einzigen Weblog, der behauptet diese Parteizelle zu repräsentieren. Die Homepage der echten „Chrysi Avgi“ in Griechenland kennt hingegen keine Parteiorganisation außerhalb ihres Vaterlandes. Die einzige Parallelen sind der Name der Partei, kopierte Inhalte der Mutterpartei im Nürnberger Blog und die Tatsache, daß die deutsche Sektion denselben Blogprovider benutzt wie einige griechische Sektionen — allerdings handelt es dabei auch nicht um etwas Entlegenes, sondern um Blogspot, den Dienst von Google.

„Der Spiegel“ und „Die Süddeutsche Zeitung“ erwähnen zwar, daß der Bayerische Verfassungsschutz Kontakte zwischen deutschen und griechischen Neonazis beobachte. Doch darüber, ob die Partei in Nürnberg bereits ein Büro eröffnet und dort auch eine erste Veranstaltung organisiert haben soll, wollte sich die Behörde laut Süddeutscher nicht äußern. Auf den einschlägigen Deutsch-Nazi-Seiten dürfte diesbezüglich auch noch nichts gefunden worden sein. Die griechischen Kulturverbände in Nürnberger distanzieren sich einhellig in einem gemeinsamen Statement von der angeblichen Parteigründung — allerdings kann man diesem Brief nicht entnehmen, ob irgendwer in der griechischen Gemeinde Nürnbergs mehr weiß, als schon in der Zeitung gestanden ist.

Da es sich bei dem Nürnberger Internetauftritt nur um einen Blog ohne eigene Domain handelt und als Kontakt lediglich eine
Google-Mailadresse aufscheint, ist natürlich so ohne weiteres nichts über die „Hintermänner“ eruierbar — oder über den Hintermann, denn das Ganze scheint kaum mehr als die Aktivität eines einzigen Bloggers. Aber dieser hat den Massenmedien einen schönen Aufreger präsentiert und kann sich über Berichte im gesamten deutschsprachigen Raum von der „Nürnberger Zeitung“ bis zum „Standard“ freuen — ohne auch nur irgendeinen substantiellen Beleg für seine „Parteizelle“ bringen zu müssen; es reicht allein die Kombination der Begriffe „Goldene Morgenröte“ und „Nürnberg“.

Vielleicht gibt es diese Parteizelle wirklich — für eine seriöse Berichterstattung reicht das bisher Bekannte aber nicht aus. Einen solchen medialen Impact mit sowenig Aufwand kann man sich als Linker nur wünschen.

Bernhard Redl
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