Der militärisch-industrielle Komplex macht mobil – und Österreich ist mit dabei /
Anfang April gab der neue Verteidigungsminister Gerald Klug bekannt, er wolle für das Bundesheer 18 Drohnen beschaffen. Dabei handle es sich nicht um bewaffnete Fluggeräte wie die aus der US-Kriegsführung bekannten, sondern um Geräte zur Aufklärung nach Naturkatastrophen im Inland oder zur Raumüberwachung bei Auslandseinsätzen. Bei der Ausschreibung fällt die Entscheidung für den Kauf für Anbieter aus den USA, Israel, Deutschland und – Österreich.
Denn Österreich ist diesbezüglich in der Entwicklung vorne mit dabei. Die EU hat das Forschungsprogramm AEROCEPTOR ins Leben gerufen, das die Nutzung von unbemannten Drohnen zum Aufhalten von Fahrzeugen und Booten behandelt – also für den militärischen, bewaffneten Einsatz. Diese Bewaffnung beschränkt sich in der Projektbeschreibung allerdings bislang auf die Vorstellung von Störsendern, die die Bordelektronik von PKW oder Boot lahmlegen sollen, oder dem Einsatz ballistischer, aber vorgeblich nicht-tödlicher Waffen, wie etwa Gummigeschossen, Leuchtraketen, Rauch- oder Blendschockgranaten. Die österreichische Beteiligung passiert dabei durch das Austrian Institute of Technology (AIT) und erstaunlicherweise die Sigmund Freud Privatuniversität (SFU). Wie da die SFU hineinpaßt, ist unklar, es gibt auch keine nähere Stellungnahme dazu. Vorstellbar ist, daß die Privatuni, deren Thema ja die Psychotherapie ist, Knowhow im Bereich psychologischer Kriegsführung liefern soll.
Wie sehr österreichische Unternehmen aber in diesem Bereich bereits engagiert sind, zeigt auch ein Statement aus der hiesigen Wirtschaftsdiplomatie. In den USA war nämlich der Einsatz von zivilen, unbewaffneten Drohnen bislang nur sehr eingeschränkt möglich. Ab 2015 soll jedoch ein Regelwerk der US-Luffahrtbehörde in Kraft treten, daß die Integration unbemannter Luftfahrzeuge in die zivile Luftfahrt ermöglicht. Und da läßt Robert Thaler, österreichischer Wirtschaftsdelegierter in Los Angeles, wenige Tage nach den Kaufplänen Klugs verlauten: „Österreichische Unternehmen werden von der Öffnung des US-Luftraumes für Drohnen im zivilen Anwendungsbereich profitieren“. Hersteller von Drohnen, Anbieter von ultraleichten Antennen, modernen Werkstoffen, leichten und hochauflösenden Kameras, kollisionsvermeidender Software, Elektronik etc. wären da gefragt. Laut Thalers Schätzung sollte das in den nächsten zehn Jahren Ausgaben für Drohnen von etwa 11 Milliarden US-Dollar in den USA bedeuten – und da köntnen österreichische Unternehmen gehörig mitschneiden. Wobei Thaler sich hütet, konkrete Namen von Unternehmen zu nennen, die da Chancen hätten.
Dual Use
Allerdings nennt Thaler die Einsatzmöglichkeiten: „zur Überwachung von Pipelines, Katastropheneinsatz, Wetterüberwachung, Frachttransport, für Polizei und Feuerwehr, für TV, Sportereignisse und die Filmindustrie, zur Landvermessung, Öl- und Gassektor, etc.“. Da zeigt sich auch schon die Problematik: Drohnen sind eine Dual-Use-Technologie. Deren Entwicklung wird vorangetrieben aus zivilen wie militärischen Interessen – was auch bedeutet, daß militärische Forschung sich hinter der zivilen verstecken könnte. Besonders die Nutzung im Aufklärungsbereich ist da anzusprechen, denn die selben Geräte kann man militärisch, wirklich zivil und nicht ganz so zivil, sprich: polizeilich, nutzen. Denn in den USA werden bereits – trotz Problemen mit der luftfahrtlichen Zulässigkeit – von der Polizei Drohnen zur Suche nach Personen eingesetzt. In Deutschland gibt es zwar noch technische Probleme mit der praktischen Nutzung, dennoch haben dort schon fünf Bundesländer entsprechende Geräte angeschafft. Dort sieht man unter anderem die Nutzungsmöglichkeiten zur Überwachung von Demonstrationen als Zukunftsoption vor. „Kameramann: Arschloch“ wird es dann wohl kaum mehr heissen, denn die Photos für den Verfassungsschutz werden von einem Minihelekopter aus der Luft geschossen. Von da bis zum Verschießen von Gummigeschossen ist es dann auch nicht mehr weit.
Der bodennahe Luftraum soll also erobert werden – und das heißt wohl auch militarisiert. Da wird dann schon klar, warum man solche Geräte für das österreichische Bundesheer braucht. Und ein gutes Geschäft ist es auch.
Bernhard Redl
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Quellen (u.a.) und weiterführende Infos:
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20130412_OTS0151
http://futurezone.at/netzpolitik/15065-oesterreichs-bundesheer-kauft-18-drohnen.php
http://futurezone.at/future/14054-oesterreicher-entwickeln-eu-abfangdrohne-mit.php http://de.wikipedia.org/wiki/Polizei-Drohne
Siehe auch:
akin 24/2008 über Deutschlands Polizei- und Militär-Drohnen: http://akin.mediaweb.at/2008/24/24brd2.htm
Die Drohnen-Fantasien der EU-Kommission: http://www.zeit.de/digital/internet/2013-04/aeroceptor-eu-projekt-drohnen
Monitoring European Police: http://euro-police.noblogs.org/category/drohnen/
Deutsche Kampagne gegen Drohnen: http://drohnen-kampagne.de/