Proteste in der Türkei halten an

Update: Laut jüngsten Presseberichten hat die türkische Regierung die Zerstörung des Gezi-Parks, an der sich die Proteste entzündet haben, nun abgeblasen. Unklar bleibt, ob die Proteste, die ja mehr waren als nur eine Bewegung zum Schutz eines Parks, jetzt wirklich aufhören.
Bericht von der Solidemo am 1.Juni in Wien: http://cba.fro.at/111018

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Angeblich ist der Polizei in Istanbul das Tränengas ausgegangen – das sagt wohl alles über die Situation am Taksim-Platz aus. Die Proteste finden derzeit aber kein Ende, in einem Livestream sind derzeit Bilder von Sitzblockaden zu sehen (http://www.livestream.com/revoltistanbul). Laut Social Media sollen sich die Proteste jetzt auf andere Städte ausdehnen.

Der Taksim-Gezi-Park, um dessen Zerstörung es eigentlich ging, und der nun unter dem Schutz von Wasserwerfern betoniert wird, liegt gleich neben dem traditionellen Taksim-Platz, der speziell für die türkische Linke eine starke symbolische Bedeutung hat. Erst vor einem Monat kam es dort am traditionellen Maiaufmarsch zu schweren Ausschreitungen der Polizei (http://akin.mediaweb.at/2013/12/12turk.htm). Auch damals richtete sich der Protest so nebenbei auch gegen die Kommerzialisierung des Platzes.

In Wien gab es Freitag abend schon einen Protestflashmob, ebenso in Frankfurt vor dem türkischen Konsulat bei den derzeitigen Blockupy-Aktionen.

Laufende Mitteilungen großteils in Deutsch gibt es auf twitter unter #occupygezi

Nachfolgend ein Facebook-Bericht einer Frauen-Menschenrechtsgruppe:

Kadinin Insan Haklari Yeni Çözümler

31.5.2013, etwa 20h

STATE-ENDORSED VIOLENCE AGAINST PEACEFUL PROTESTORS IN TURKEY

Turkey’s ruling party, the Justice and Development Party, has made plans to turn the only green space left in Taksim, the heart of Istanbul’s European side, into a shopping mall as part of an „urban development project.“ The decision to level Gezi Park to make space for a mall was taken in an undemocratic and non-participatory manner. Relevant stakeholders had no say in the urban planning process, which is a major problem in and of itself. The Taksim Platform (www.taksimplatformu.org) has been opposing these plans for the past six months.

Three days ago at midnight bulldozers charged into Gezi Park, home to century-old trees. Concerned citizens quickly shared this information on Facebook, Twitter (#direngeziparki, #occupygezi), Instagram, and other social media, and numerous other people joined them to stop the destruction. From then on, protestors have been occupying Gezi Park day and night, despite being attacked by police forces with pepper gas and high pressure water jets.

Today, in the fifth-story office of Women for Women’s Human Rights – New Ways, we witnessed two instances of police violence, half an hour apart. In the first instance, a panzer targeted people with high pressure water jets laced with chemicals. In the second attack, about 20 police targeted protestors as though they were snipers, and fired pepper gas capsules at them directly. In both instances, there were children, young people, women and the elderly affected by the gas. Although all our windows were closed, our eyes and noses are still burning, four hours after the attacks.

Gezi Park has currently been emptied of protestors, and is surrounded by police forces. We don’t know what will happen next, although we have received news that the police shot pepper gas capsules into the Taksim Metro Station, and closed the doors. Over a hundred protestors are said to be injured, and hospitals around Taksim are overflowing. Tents set up by volunteer doctors were also hit by pepper gas. One young man has already died. Internet access has been limited or shut down around Taksim. The national media appears to be censored, as the broadcasting on these events is limited and does not depict reality. Our main source of information is social networking sites and foreign media.

This is a brief description of the current regime in Turkey, and how it deals with peaceful protest, freedom of expression and the right to information. Muslim countries looking to emulate „The Turkish Model“ should perhaps think twice about doing so.

These events reflect an inconceivable use of state power and the violation of basic human rights. Gezi Park is not only one of the last green lungs on the European side of Istanbul that must be preserved, it has now also become a symbol of resistance against conservative business interests, neoliberal capitalism, and an autocratic mode of governmental rule instilling terror among the public.

As Women for Women’s Human Rights – New Ways, we are very much against the use of state endorsed police violence, and support the Gezi Park Resistance fully.

Please spread the word.

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Ein Gedanke zu „Proteste in der Türkei halten an

  1. kommentar von kübra atasoy (via facebook):
    Immer noch sehr schwierig, einen Überblick zu bekommen.
    Der Gezi-Park ist nicht nur die einzige Grünfläche im Zentrum einer komplett verplanten Stadt, sie ist auch Gay-Treff und Demosammelpunkt. Es ging also von Anfang an nicht nur um Naturschutz a la S21, sondern um Umweltschutz im Wortsinn. Die Pläne Erdoğans zur Stadtmodernisierung halten viele für verrückt und sie führen zu einer weiteren Grünflächenminderung. Der Protest wurde bewusst friedlich angelegt.
    So wie ich es bisher mitbekomme besteht eine ganz ganz absurde Volksfrontsituation. Kemalist_innen, Komunist_innen, Graue Wölfe, Anarchist_innen, Hippies, Junge, Alte, Frauen* und Männer*, Fans aller Stadtklubs.
    Die CHP versucht in anderen Städten auch zu mobilisieren, in Istanbul aber laden sie zu einer Demo in Kadıköy, was vielen sauer aufstößt, weil das auf der anderen Seite der Stadt liegt. Auf twitter und co fordern viele auf, sich nicht spalten zu lassen und weiter nach Taksim zu kommen.
    Beschränkt sich nicht auf die Metropolen, wie gesagt, Bolu, Eskişehir sind auch schon dabei, Adana auch, Manisa etc. Mersin folgt, in Amed/Diyarbakır wird für heute mobilisiert.
    Zu den Militärs: Nichts offiziell bestätigtes, gestern wurden eben Schutzmasken verteilt, die Militärs stellen Zelte auf, um die Demonstrant_innen zu versorgen und es gab die Drohung einer Militärintervention. Ich habe auch schon einen Bericht gelesen von Handgreiflichkeiten zwischen Militär und Polizei.
    Die Losungen waren von Anfang an politisch. Das ist nicht einfach nur ein bürgerlicher Protest wegen Bäumen gewesen. Überraschend ist aber das Ausmaß an Solidarisierung. Das Vorgehen der Polizei gegen die Demo der letzten Tage steht weder allein noch hat es eine neue Qualität erreicht. Es gibt jeden Tag Proteste in der Türkei, Gewerkschaftsdemo, sogar die der Beamten, werden blutig geschlagen, es sind schon viele Menschen an Tränengas erstickt.

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