X-beliebiges Denkmal

(Audio: http://cba.fro.at/112495)

Jetzt aber wirklich. Jetzt soll es ein Denkmal für die Wehrmachtsdeserteure geben. Die Pläne sind präsentiert, schon im Sommer soll mit der Realisierung begonnen werden. Nunja, eine begehbare x-förmige Treppenskulptur in Dunkelblau soll es werden, zehn Meter lang, 1,65 Meter hoch. Sprich: Es wird aussehen wie eine unmotiviert am Parkplatz vor dem Bundeskanzleramt errichtete Freitreppe, die ins Nichts führt.

Wiener Deserteursdenkmal, EntwurfRichard Wadani, dessen zähes Engagement für die Anerkennung der Fahnenflüchtigen nun auch in Denkmalform Früchte trägt, ist mit der Ausführung offensichtlich nicht so ganz glücklich. Der „Kurier“ zitiert ihn dazu: „Ich gehöre zu einer Generation, die eine andere Auffassung von künstlerischer Darstellung hatte“, meint er recht diplomatisch, und: „Wie erkläre ich das etwa einer Schulklasse, die vorbeikommt?“

Aber es sollen ja Zusatztafeln auch aufgestellt werden, damit man weiß, was das sein soll. Ob auf diesen das Wort „Deserteur“ vorkommen wird, ist allerdings auch nicht gesagt, offensichtlich wird die Formulierung „Denkmal für die Opfer der NS-Militärjustiz“ präferiert. Damit umschifft man geschickt auch die Tatsache, daß diese Männer auch nach Ende der Naziherrschaft von Politik und Gesellschaft jahrzehntelang geächtet wurden.

Der Vergleich macht uns sicher; nämlich der Vergleich mit den vielen hundert „Kriegerdenkmälern“ in Österreich, von denen die meisten schon von weitem als Militärverherrlichungsmale erkennbar sind. Da sieht man sofort, worum es geht. Dargestellt werden oft lebensgroß Soldaten, Stahlhelme, gekreuzte Gewehre oder ähnliches. Und meist steht auch noch irgendwas von „Helden“ dort.

Für die Deserteure hingegen müssen wir uns ein X für ein Denkmal vormachen lassen. Diese Form der Gedenkkultur erinnert ein wenig an das antifaschistische Vordachl im Park neben dem Salzburger Bahnhof, das dank des Busverkehrs dort wohl eher für ein seltsames Wartehüttel gehalten wird und von dem nur Eingeweihte wissen, daß es ein Mahnmal sein soll.

Die Grünen in der Wiener Stadtregierung freuen sich trotzdem darüber, daß es jetzt dieses Deserteurs-X geben soll. Aber man kann ihnen da gar keinen Vorwurf machen, denn mehr war anscheinend nicht drinnen. Ein österreichisches Denkmal eben, was Besseres wäre wohl gar nie gebaut worden.

Bleibt lediglich abzuwarten, ob dieses Denkmal wirklich schon am 26.Oktober fertig sein wird und ob es diesmal am nationalen Feiertag endlich eine Gedenkveranstaltung an diesem Ort geben kann. Oder ob das Bundesheer wieder meint, es brauche den Platz, um seine LKWs abstellen zu können…

Bernhard Redl

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