Mit der Gründung der PdA erscheint die endgültige Spaltung unaufhaltbar
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Die Wahlen sind vorbei, das Hauen und Stechen beginnt. Nicht nur bei so mancher Parlamentsfraktion, sondern auch bei der KPÖ. Trat sie im Nationalratswahlkampf trotz der großen Risse in der Partei nach außen hin einigermaßen geschlossen auf, so muß man damit rechnen, daß das vielleicht das letzte Mal gewesen sein könnte.
Seit Jahren gärt es in der Partei. Die steirische Landesorganisation verkehrt schon seit längerem nicht mehr mit der Bundespartei und der Wiener Landesorganisation. Die Kommunistische Jugend und der Kommunistische StudentInnenverband haben ihre Bundeszentralen nach Graz verlegt, die Jugend- und die Studierendenorganisation der Bundes-KPÖ firmieren nun unter Junge Linke und KSV-LiLi.
Die steirische Landesorganisation unterstützt schon seit längerem in Wien die Kommunistische Initiative (KI) resp. deren AK-Präsenz mit dem (vielleicht ironisch, vielleicht programmatisch gemeinten) Namen KOMintern. Letztere will nach den anstehenden Wahlen neben Wien auch in den Arbeiterkammern von NÖ und Tirol vertreten sein.
Am Samstag wurde die KI zur „Partei der Arbeit“. Otto Bruckner, der bisher schon bei der KI das Sagen gehabt hatte, wurde mit 98% der Stimmen zum ersten Vorsitzenden der neuen Partei gewählt. Die Gästeliste des Parteitags ist symptomatisch für den Kurs der neuen Partei. Die Eingeladenen aus dem Ausland waren von den eher als orthodox-marxistisch bekannten Parteien DKP (Deutschland), Munkáspárt (Ungarn), TKP (Türkei), PCPE (Spanien) und KKE (Griechenland). Mit Ausnahme der KKE haben diese Parteien in ihren Ländern weniger Bedeutung als die Bundes-KPÖ in Österreich. Mehr Bedeutung hatten allerdings die österreichischen Gäste: Mitglieder der Landesleitung der bekannt erfolgreichen steirischen KPÖ sowie des KSV und der KJÖ.
Wenn Landes- und Vorfeldorganisationen einer Partei in anderen Bereichen eine Partei unterstützen, die mit der eigenen Bundesorganisation konkurriert, kann man wohl von einer damit endgültig vollzogenen Parteispaltung sprechen. Es gibt DIE Kommunistische Partei Österreichs einfach nicht mehr — die Einheit steht nur mehr auf dem Papier. Konnte man früher noch behaupten, daß dies der so typisch österreichische Konflikt zwischen Wiener Wasserkopf und steirischem Sturschädel sei (wie das ja auch aus anderen Parteien bekannt ist), so werden hier eindeutig ideologischen Bruchlinien nicht nur sichtbar sondern zu magmagefüllten Erdspalten, die unüberbrückbar scheinen.
Symptomatisch dafür ist auch eine kurz nach der Nationalratswahl und wenige Tage vor der PdA-Gründung veröffentlichte Analyse aus den Reihen der steirischen KPÖ. Nach allgemeinen Betrachtungen über die Verschiebungen der Kräfteverhältnisse im Parlament und dem respektablen Abschneiden der steirischen KPÖ folgt ein auf Wien und Bund gemünzter letzter Absatz: „Es zeigt sich auch, wie dringend nötig eine bundesweit handlungsfähige Kommunistische Partei ist. Von elitären Zirkeln geführte Debatten über Residenzbürgerschaften und ein Bedingungsloses Grundeinkommen sind fehl am Platz. Es braucht eine Partei mit Gebrauchswert im täglichen Leben. Es braucht klare, nachvollziehbare Antworten bei zentralen Fragen wie etwa Wohnen und Teuerung. Und es braucht klare grundsätzliche Haltungen: Ja zu öffentlichem Eigentum! Nein zur EU! Und ja zu einem Einkommen, von dem man leben kann.“ (1)
In Internetforen wird dieses Statement heftig diskutiert. Von Seiten mancher KPÖ-Mitglieder kommt die Frage, was an Bürgerrechten oder einer fundamentalen sozialen Absicherung für alle hier lebenden Menschen so elitär sein soll — oder auch, wieviel Gebrauchswert es darstellt, wenn die Grazer Stadträtin Kahr analog zur FPÖ mehr Polizisten für ihre Stadt fordert.
Tatsächlich ist ein Teil der Differenz wohl auch der Tatsache geschuldet, daß die steirische KP in vielen Gemeinden und ansatzweise auch im Landtag Realpolitik betreiben muß, während sich Bundes- und Wiener KPÖ mit fundamentalen Forderungen Öffentlichkeit erkämpfen müssen. Auch kann der steirischen KPÖ als Regionalpartei die EU-Ebene egal sein, während sie für die Bundespartei als Kooperationsbasis mit stärkeren Parteien relevant ist.
Der Konflikt geht aber tiefer: Die Debatte erinnert sehr an die Auseinandersetzung in der KPÖ 1968/69 zwischen der Gruppe um den als elitär denkend angesehenen Ernst Fischer (und damit auch der heutigen akin-Herausgeberin) und der Mehrheit der Parteiführung — nur diesmal mit umgekehrten Vorzeichen. Denn diesmal wird der Bundesparteiführung elitäres Denken vorgeworfen, während sich die Dissidenten als die wahren Kommunisten auf Seiten des arbeitenden Volkes sehen.
Auch der Name der neuen Partei ist programmatisch: Eine Partei der Arbeit, die eben diese als besonders schützenswert ansieht und ein vernünftiges Arbeitseinkommen fordert, kann natürlich nicht für ein erwerbsloses Grundeinkommen sein. Der PdA-Chef Bruckner nannte die Haltung der Bundesparteiführung in einem kürzlich in der „jungen Welt“ erschienen Interview als von einer „klassenneutralen Allerwelt-Orientierung“ geprägt (2).
Ein weiterer Diskussionspunkt war aber natürlich auch die Haltung bei der Bundesheer-Volksbefragung: Während die Bundes-KPÖ klar eine Abschaffung der Militärs forderte (und Ungültigstimmen als gute Idee ansah), rief die steirische KP zur Unterstützung der Wehrpflicht auf. In der Frage des Verhaltens bei dieser Volksbefragung war zwar die gesamte österreichische Linke gespalten, der Großteil allerdings nur, weil man sich vor der Wahl zwischen Pest und Cholera sah — der steirischen KPÖ hingegen dürfte der Volksheergedanke und der Glauben an die Wehrpflicht als Bollwerk für die Neutralität und gegen die EU und wichtig gewesen sein.
Die Bundesparteiführung hingegen tut zumeist so, als ginge sie die nun faktisch vollzogene Spaltung der Partei nichts an. Man hat den Eindruck, als wolle die Bundes- und Wiener Partei das Geschehen einfach ignorieren, weil man die Steirer wie die PdA sowieso als „Stalinos“ und die Diskussion als nicht möglich erachte. Die übrigen Landesorganisationen scheinen eher unentschieden. Dem Vernehmen nach fragt man sich vor allem in Westösterreich eher, was die Streiterei im Osten eigentlich soll.
Die Gräben sind tief. 2018 stehen — sollte die Legislaturperiode durchgehalten werden — wieder Nationalratswahlen an. In diesem Jahr würde die Partei auch 100 Jahre ihrer Existenz feiern. Was dann allerdings noch davon übrig sein wird, ist eine andere Frage.
Bernhard Redl
(1) http://www.kpoe-steiermark.at/hoffnungslos-aber-nicht-ernst.phtml
(2) http://www.jungewelt.de/2013/10-12/038.php
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http://www.kominform.at/article.php/20131010220300817
Liebe KPÖ,
Seit meinem Beitritt zur Kommunistischen Partei Österreichs sind einige Jahre vergangen. Ich trat der KPÖ bei, nachdem sie bereits viele ihrer Mitglieder ausgeschlossen und sogar Bezirks- und Landesorganisationen aufgelöst hatte, die an einer Orientierung auf den wissenschaftlichen Sozialismus, die ArbeiterInnenklasse und den Marxismus festgehalten hatten.
Die neue Führung plädierte und plädiert stattdessen für eine „pluralistische“ Linke, in die sich die KPÖ einfügen sollte. International orientierte man sich nicht mehr an starken kommunistischen Parteien, wie der KKE oder PCP. Statt dessen trat man der Europäischen Linkspartei bei und suchte die Zusammenarbeit mit der Linkspartei in Deutschland und anderen sozialdemokratischen Parteien in ganz Europa. Einstige Schwesterparteien galten als „stalinistisch“ und die KPÖ suchte stattdessen mit ihren politischen Gegnern die Zusammenarbeit.
Trotz dieser Fakten hielt ich es in der damaligen Situation für richtig, der KPÖ beizutreten, da sie die einzige Alternative zu SPÖ und Grünen in Tirol darstellte. Außerdem erschien mir der Kampf um die KPÖ noch nicht gänzlich verloren, da es in der Steiermark eine starke Landesorganisation gab, die an den Prinzipien kommunistischer Politik festhielt, die sich weigerte, antidemokratischen Methoden der neuen Führung zu akzeptieren, und nebenbei sehr erfolgreiche Kommunalpolitik machte.
Nun gibt es die KPÖ Steiermark noch immer und sie ist auch von ihrem Standpunkt nicht abgerückt. Doch die Situation im Rest Österreichs hat sich verändert. Mit dem Gründungsparteitag der Partei der Arbeit am kommenden Wochenende in Wien entsteht wieder eine Partei, die den wissenschaftlichen Sozialismus weiterentwickeln will und zur Grundlage ihrer Politik erklärt.
Als Kommunist sehe ich es daher als meine Aufgabe an, nicht in irgendeiner linksbeliebigen Partei zu bleiben, die ganz nebenbei bemerkt bis heute auf Kritik, die an Bundesparteitagen geäußert wird, mit Ausschlussdrohungen reagiert, sondern eine Partei mit aufzubauen, die tatsächlich marxistische Politik machen will.
Deshalb trete ich aus der KPÖ aus.
Mit solidarischen Grüßen,
Lukas Haslwanter
ich schätze die akin, die qualität der aktuellen iinformationen, die regelmäßig mit hohem engagement von bernhard redl, der den gegenständlichen artikelverfasst hat veröffentlicht werden.
Für den gegenständlichen artikel spricht, dass er gerade jetzt nach den letzten wahlen die heterogenität der österreichischen antikapitalistischen linken zum ausdruck bringt.
dass seit dem ende der realsozialistischen staaten im osten und spätestens seit der enteignung der KPÖ viele divergierende strömungen innerhalb der KPÖ existieren, die sich aus vorwiegend traditionellen überlegungen auf die KPÖ beziehen oder sich von dieser distanzieren ist realität, realität ist auch, dass es nicht an unzähligen versuchen gemangelt hat – bis in die jüngste gegenwart – die massgeblichen personen, die von der notwendigkeit des fortbestehens der KPÖ als partei überzeugt waren, und in mühevolle grossteils ehrenamtlicher pateiarbeit, die KPÖ vor dem absaufen bewahrt haben, zu diskredidieren.
Was den hinweis auf die auseinandersetzungen innerhalb der studentischen organisationen betrifft gilt: die KPÖ hat keinerlei statutarischen Einfluss auf jugend/studenten organisationen, es ist das vorrecht der jugend sich selbstermächtigt zu organisieren, es entspricht einer torheit der jugend sich kopflos zu konkurrieren.
dass nun mit der Gründung einer „Partei der Arbeit“ viele genossInnen sich ihre politische heimat umorganisieren ist eine Tatsache – zurecht informiert hier redl aktuell, das rechtfertigt jedoch nicht diesen artikel, auf eine art und weise zu betiteln, die dem leser die KPÖ als märchenhafte, bereits vergangene entität präsentiert.
fakt ist: es gibt viele genossInnen, die innerhalb der bestehenden KPÖ gegenwärtig tätig sind, die sämtliche beschlüsse der parteitage und das gültige statut der partei angenommen haben, diese werden auch fürderhin für die älteste partei österreich aktiv sein und stolz für den Namen KPÖ eintreten.
spaltungen treten naturgemäß dort auf wo spalter am werk sind, spalter haben in der österreichischen linken eine lange tradition, mit ein grund dafür, dass die politische vormachtstellung einer fortschrittlichen linken kaum tragende bedeutung erlangen konnte in österreich.
wenn sich nun im herbst 2013 redl als kommentator auf grund von einer parteineugründung, die im übrigen ganz bewusst nach den nationalratswahlen erfolgte, zur aussage: „Es gibt DIE Kommunistische Partei Österreichs einfach nicht mehr“ verleiten lässt, muss festgehalten werden, dass „DIE Kommunistische Partei Österreichs“ seit 1918 niemals existiert hat und redl falsch liegt.
falls Redl in seinem kommentar meint, dass es die KPÖ einfach nicht mehr gibt, so liegt er in seiner Analyse ebenfalls daneben. DIE KPÖ erfreut sich eines funktionierenden Organismus der keinesfalls einer modrigen oparettenhaftigkeit anheimgefallen wäre.
Was Wahlen im Jahr 2018 betrifft: ob die kommende regierung fünf jahre abdienen wird steht in den sternen, die KPÖ wird jedenfalls gesund und munter ihren hundertsden geburtstag feiern, die PdA ihren fünften – ich erwarte mir, dass dann beide parteien tragende und akzeptierten entitäten der linken bewegung in österreich sein werden.
@rudi: gut, ich nehm das mal als ersten leserbrief für die druckausgabe… 🙂