Wahl 2014: Wirds die AK schon richten?

Heuer sind Arbeiterkammerwahlen in allen Bundesländern. Rosalia Krenn kandidiert in Salzburg für den Gewerkschaftlichen Linksblock (GLB). Und fragt sich ein wenig: Wozu? –

Heuer finden wieder Arbeiterkammerwahlen statt. Spitzenkandidat der FSG in Salzburg und bisheriger AK-Präsident Sigi Pichler tritt mit dem Slogan an, ein Herz für Menschen zu haben. Das allein ist bezeichnend für die unpolitische Ausrichtung der AK-Salzburg. die AUGE, die sich u.a. mehr Mitbestimmung im Betrieb wünscht, positioniert sich zumindest inhaltlich mit einer Zielvorstellung in diesem Wahlkampf. Fest steht, dass der GLB (Gewerkschaftliche Linksblock) genügend Unterstützungserklärungen gesammelt hat, damit Spitzenkandidatin Brigitte Promberger aus dem Kulturbereich antreten kann. Ziel ist mit zumindest einem Mandat in der Arbeiterkammer vertreten zu sein. Bislang war der GLB in der AK nicht vertreten.

Generell fällt auf, dass die AK-Salzburg als politische und starke Interessensvertretung für ArbeitnehmerInnen kaum in Erscheinung tritt. Die Serviceleistungen werden sehr engagiert angeboten, sowohl der KonsumentInnenschutzbereich als auch die Mietrechtsberatung arbeiten seriös und engagiert, wenn auch vorsichtig. Die Arbeitsrechtsexperten im Sozial- und Gesundheitswesen beraten hingegen zurückhaltend, wenn es um Konflikte mit den Arbeitgebern geht, parallel zu den einzelnen Konflikten zwischen Arbeitgebern und ArbeitnehmerInnen wird aber kein politischer Handlungsbedarf gesehen, um an Kollektivverträgen, Gesetzesvorhaben oder anderen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen Ungerechtigkeiten zu thematisieren, abzustellen oder erst gar nicht zuzulassen. Irgendwie erinnert einen das an die der ÖVP nahe stehende studentische Fraktion AG (Aktionsgemeinschaft) in der ÖH, die sich durch gute Serviceangebote auszeichnet, mit allgemeinpolitischen Themen aber noch nie viel anfangen konnte.

Nun wird aber die Arbeiterkammer von FSG-GewerkschafterInnen dominiert, die sich – auch — als politische Vertretung verstehen, ohne offensiv politisch zu handeln. Institutionalisierte
ArbeitnehmerInnenvertretungen blockieren rein strukturell Selbstorganisation und Kampfkraft der ArbeitnehmerInnen beim Kampf um ihre Rechte. Sie bekennen sich zum sozialen Frieden und sorgen für soziale Befriedung, ganz nett und harmonisch Hand in Hand mit Wirtschaft bzw. Wirtschaftskammer. In den diversen Gremien wird man sich schon einig.

Allerdings habe ich oftmals den Eindruck, dass die Unternehmen ihre Interessen besser durchzusetzen vermögen. Ich nenne ein Beispiel: Nach der jahrelangen Hetze und Entsolidarisierung zwischen ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen kam in einer Ausgabe eines AK-Magazins in Salzburg Sigi Pichler zum Schluß, dass die Anhebung des Pensionsalters anzudenken sei, und altersgerechtes Arbeiten in den Betrieben für ältere ArbeitnehmerInnen das erklärte Ziel der ArbeitnehmerInnenvertretung sei. Es gehe nicht darum, ältere ArbeitnehmerInnen aus den Betrieben zu drängen, sondern dem Alter adäquate Arbeitsplätze zu schaffen. Danke! Statt dafür zu sorgen oder zumindest dafür einzutreten, dass Menschen, die oft auch unter schweren Belastungen arbeiten gehen, irgendwann doch in Pension gehen können, macht die AK-Salzburg von sich aus die Tür auf für eine noch länger andauernde Lebensarbeitszeit. Wie unter so einer Prämisse die Verbesserungen und die Alternsgerechtheit von Arbeitsplätzen aussehen soll und in welcher Weise die AK dafür kämpfen wird kann ich mir vorstellen.

In diesem Zusammenhang ist der Arbeiterkammer der Betriebssport ein besonderes förderungswürdiges Anliegen. Wie nett. Für Menschen, die eine rein sitzende Bürotätigkeit ausüben, mögen ja Kurzturneinheiten und ähnliche Scherze ganz lustig sein. Ich arbeite mit Menschen mit mentaler und mehrfacher „Beeinträchtigung“, hebe und trage Menschen, die ihr Leben im Rollstuhl verbringen mehrmals täglich, sitze wenig und bin nicht das einzige Beispiel arbeitender Menschen, deren Tätigkeitsbereich auch körperlich anstrengt. Ich brauche keinen Betriebssport um länger arbeiten zu können, ich möchte endlich ein angemessenes, mehr als nur notdürftig existenzsicherndes Einkommen und dann in Pension gehen, wenn ich mich körperlich nicht mehr meinen Aufgaben gewachsen fühle. Ich möchte mich dann auch nicht auf einen anderen Beruf umschulen lassen, ich möchte, dass diese Gesellschaft meine Leistung anerkennt und mich in Ruhe lässt, statt mich mit AMS-Zwangsmaßnahmen zu konfrontieren.

Aber Sigi Pichler hat ein Herz für Menschen. Für welche? Ich höre nämlich keinen politischen Protest aus der AK-Salzburg, wenn es darum geht, die Invaliditätspension endgültig abzudrehen. Aber wer stolz auf Programme wie fit2work ist, hat sich dem Zynismus der Unternehmerseite bereits angeschlossen, der darauf abzielt, ArbeitnehmerInnen so lange auszupressen, bis ihnen die Luft ausgeht.

Hendln und Gansln

Wenn sich Menschen, die für die Abeiterkammer arbeiten, von der Unternehmerseite über den Tisch ziehen lassen, ist das die eine Sache. Es ist eine völlig andere Sache, wenn sie uns betroffenen ArbeitnehmerInnen auch noch verkaufen wollen, dass sie sich für unsere Interessen sozusagen „stark“ machen, indem sie uns in etwas freundlicheren Worten mitteilen, dass wir uns eben in gerade diesen schwierigen Zeiten höheren Belastungen auszusetzen hätten, aber dank den GewerkschafterInnen wird dann die Härte ohnehin abgefedert durch erfreulich belanglose Randevents. Die rosaroten GewerkschafterInnen in Salzburg ziehen es am 1. Mai vor, die Demo erst gar nicht zu begleiten, sie beginnen ihr Hendlfest lieber gleich, ohne ihren politischen Protest zunächst mal auf die Straße zu tragen. Sie agieren frei nach dem Motto: wir arbeiten das ganze Jahr, der 1. Mai ist ein Feiertag, da wird gefeiert, aber nicht protestiert. Dieser Haltung könnte man etwas abgewinnen, wenn nicht dadurch die ganze Geschichte der Sozialdemokratie mit einem Fragezeichen versehen würde, aber vor allem dann, wenn ich an den vielen anderen Tagen den Protest der GewerkschafterInnen sichtbar auf der Straße sehen könnte. Das seh ich aber nicht. An welchen anderen Tagen geht denn die AK auf die Straße, um als „starke“ ArbeitnehmerInnenvertretung mit uns für unsere Rechte einzutreten? Ich seh sie eigentlich nie. Der Inhalt ihrer politischen Arbeit bleibt für uns betroffene ArbeitnehmerInnen meist unsichtbar. Was verlautbart wird, sind Durchhalteparolen.

„Der Papa wird`s schon richten“? Ja schon. Aber seine Stiefkinder von der Wirtschaftskammer sind ihm viel lieber als die eigenen betroffenen ArbeiterInnen. Mit denen redet es sich viel besser als mit uns unzufriedenen ArbeitnehmerInnen, die sind nicht so anstrengend und deren Forderungen lassen sich vom Schreibtisch aus erfüllen. Uns ArbeitnehmerInnen braucht man ja nur noch zu erklären, warum es im Interesse der Wirtschaft unabänderlich ist, sich mit schlechter werdenden Arbeits- und Lebensbedingungen abfinden zu müssen. Diese Erklärungen gibt man dann auch postalisch vom Schreibtisch aus von sich. Der Unternehmer dankt, die ArbeitnehmerInnenvertretung hat Protestmaßnahmen wirkungsvoll im Keim erstickt. Aber, aber, wer wird denn so undankbar sein: als Gegenleistung lädt der AK-Präsident die BetriebsrätInnen jährlich zu einem Ganslessen. Die BetriebsrätInnen, bewirtet mit fetter Gans, sollen dann in nächster Instanz ihren KollegInnen nicht etwa die Relevanz einer ArbeitnehmerInnenvertretung nahe bringen, subtil und informell soll ausgesagt werden, warum es so klug sei, sich für die machtausübende Fraktion zu erwärmen.

GLB: Auch keine Maurer und Putzfrauen

Wenn nun der Eindruck entsteht, dass die Arbeiterkammer hierarchisch strukturiert und machtorientiert agiert, warum sollte man dann eine Gewerkschaftsfraktion in die AK wählen? Der GLB ist angetreten, um, wenn es gelingt, ein Mandat zu erreichen, aufzeigen zu können, was in diesen Gremien gespielt wird, wie diskutiert wird und vor allem, um die Interessen der benachteiligten Gruppen der Lohnabhängigen in einer Weise einbringen zu können, dass sie gehört werden müssen. Es geht darum, dass lohnabhängige Menschen, die faire Löhne zu fairen Arbeitsbedingungen wünschen und einfordern wollen, auch in dieser Organisation ein Stimmrecht haben, ein Recht gehört zu werden und sich einzumischen. Es geht darum, dass Anträge, die benachteiligte ArbeitnehmerInnen betreffen, ernsthaft zu diskutieren sind, die „großen“ Fraktionen sich damit auseinandersetzen müssen, wenn Menschen Mißstände aufzeigen und Maßnahmen einfordern, um diese abzustellen. Der GLB kann unbequeme Fragen stellen und zum Handeln auffordern, diesbezügliche Beschlüsse zur Diskussion bringen und jedes Scheitern öffentlich diskutieren, Kritik üben und so Handlungsdruck auf die GewerkschafterInnen innerhalb der AK erzeugen. Letztlich geht es um einen politischen Diskurs auf einer Ebene, auf der sich die bewährten Fraktionen bislang ohne Widerspruch von links ausruhen konnten. Es geht darum, den Widerspruch zu wählen.

Wer GLB wählt, wählt nicht die Masse der finanziell wie sozial wie kulturell benachteiligten Lohnabhängigen. Er oder sie wählt ein Gremium, das sich adäquat den Spielregeln der institutionalisierten sogenannten Demokratie verhält. Wer den GLB wählt, wählt Menschen, die es sich leisten können, sich politisch zu betätigen. Keine
Reinigungskraft, kein Maurer, kein Bauarbeiter, kein bei der Müllabfuhr beschäftigter Arbeiter kandidiert für diese Wahl. Der GLB ist keine Selbstvertretung armutsgefährdeter oder sich in Armut befindender Menschen, die Menschen, die unter Arbeitsbedingungen, die die Würde des Menschen verletzen zu leiden haben, finden sich nicht auf der KandidatInnenliste. Wenn ein Mitglied des GLB in der Institution Arbeiterkammer mitbestimmt, Diskussionspunkte einbringt, dann ist es selbst nicht betroffen. Das Mitglied erhebt seine Stimme für andere, für Entrechtete und Geknechtete, die selber aber nicht anwesend sein werden, innerhalb schön ausgestatteter Gebäude. Serviert wird Tee und Kaffee, vielleicht auch Kuchen. Der Unterschied zu den anderen Fraktionen besteht vielleicht darin, dass die Menschen, die sich für den GLB engagieren Menschen sind, denen es weh tut, Ungerechtigkeit zu sehen und zu erleben, deren Traum und Sehnsucht es ist, der Macht der Unternehmer die Stärke der ArbeitnehmerInnen entgegensetzen zu wollen.

Zwiespältiges Resümee

Was ich hier sage, klingt wie eine Werbebotschaft für den Reformismus. Das ist mir schon klar. Aber vom Ruf nach Internationaler Solidarität wird mein Kind nicht satt, von dem von den Gewerkschaften ausverhandelten Urlaubs- und Weihnachtsgeld schon, da geht sich sogar ein Zusatzgeschenk aus. Die Sozialdemokratie hat uns verraten. Von Anfang an. Die Gewerkschaften auch. Aber von dem Geld, das sie uns ausverhandelt haben, lebe ich heute.
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