Presseschau: Komisch I und II

Vorab der erste Teil der dieswöchigen Presseschau:

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Komisch I

Es gibt Geschichten in Österreich, die sind irgendwie „komisch“. Man kann sich keinen rechten Reim darauf machen. Oft genug ist das Komische für die jeweils zuständigen Redakteure, daß sie nicht genau wissen, wo jetzt der moralische Standpunkt zu suchen wäre. Oder — das kommt natürlich auch vor — es gibt bestimmte politische Interessen bei den Medieninhabern, manche Geschichten nicht berichten zu wollen. Das erzeugt dann bei so manchem Leser, der die Geschichte
hintenherum — also aus dem Ausland oder in einer minimalen, sehr vagen Notiz in einem einzelnen hiesigen Medium — mitbekommt, ebenfalls das Gefühl, die Nicht- oder Kaum-Berichterstattung sei komisch.

Einer dieser Fälle ist die Causa Stephan Templ. In Österreich dürften (zumindest laut Google) in den Massenmedien nur der Falter und die Presse davon Notiz genommen haben. Ich hab die Geschichte
hauptsächlich in deutschen und schweizer Medien mitbekommen, die recht ausführlich über die Sache berichteten.

Es geht um einen Journalisten, der im Zuge eines
Restitutionsverfahrens seine Ansprüche auf ein Vierundzwanzigstel an einem Haus, das 1938 von den Nationalsozialisten enteignet wurde, geltend zu machen. Nur hatte der Antragsteller vermieden, auf dem Formular in einer Rubrik „anderen möglichen Erben“ seine Tante anzugeben. Für die Staatsanwaltschaft ein klarer Fall von Betrug. Der Fall ging durch die Instanzen und nun bestätigte der Oberste Gerichtshof das Urteil: 3 Jahre unbedingte Haft.

Templ meint, dabei handle es sich um einen Racheakt des Staates. Der Journalist hatte nämlich ein Buch geschrieben mit dem Titel „Unser Wien — Arisierung auf Österreichisch“ sowie einige Zeitungsartikel verfaßt, in denen er Verfehlungen der Resitutionspraxis kritisierte.

Einerseits ist es dieses „Vergessen“ einer Tante natürlich schon als Betrug kategorisierbar und die Behauptung einer politischen Verfolgung etwas dünn. Andererseits ist ein derart hartes Urteil wegen einer so kleinen Verfehlung schon geeignet, politische Justiz für möglich zu halten. Es ist schwierig, darüber so zu berichten, daß man ein eindeutiges Urteil vermeidet — dennoch müßte das eigentlich bei einigermaßen vorhandenen journalistischer Handwerkskenntnis möglich sein. Deutsche und Schweizer Medien (FAZ, NZZ) tendieren dazu, Templ als Opfer statt als Täter darzustellen — allerdings ist Templ ein langjähriger Mitarbeiter beider Zeitungen. Bei uns hingegen scheut man sich offensichtlich davor, groß darüber zu berichten.
FAZ 25.3.2014, Interview zum OGH-Urteil: http://faz.net/-gsf-7no9o NZZ 9.8.2013, Vorgeschichte: http://www.nzz.ch/1.18128990

Komisch II

Eine andere „komische Geschichte“ ist die Sache mit dem Papier der Finanzprokuratur über die Hypo Alpe Adria. Die Kronenzeitung hatte es whistelblowermäßig veröffentlicht — im Netz sogar als komplettes Faksimile. Dabei dürfte es sich — dem LayOut und der launischen, wenig bürokratischen Sprache nach zu schließen — um eine
Powerpoint-Präsentation gehandelt haben. Das Papier listet einiges an Für und Wider bezüglich einer Insolvenz der Hypo auf. Die „Krone“ interpretiert dieses Dokument als Empfehlung für eine Insolvenz — diese Interpretation ist ein mögliche, darüber kann man streiten. Allerdings enthält dieses Papier auch eine recht schonungslose Auflistung unter dem Titel „Interessenslage des Managements“ — und da wird klar, daß eine Insolvenz für diesen Managementbereich nur Nachteile gebracht hätte, unter anderem hätten bestehende
Beratungsverträge beendet werden müssen und auch Abfertigungsansprüche wären gefährdet gewesen.

Von anderen Medien wurde dieses Papier aber weitgehend ignoriert. Voralberg Online (die Online-Präsenz der Vorarlberger Nachrichten) stand im Netz unter den Massenmedien ziemlich alleine da, dieses Papier auch als relevant anzusehen. ORF online erwähnt es am Rande und spricht von einem „angeblichen Geheimpapier“ und der Kurier spricht von einem „alten Hypo-Papier“. Ansonsten eher Schweigen im Walde…

Das Papier war bislang unveröffentlicht, also irgendwo schon „geheim“ und es stammt vom November 2013, ist also gerademal vier Monate „alt“. Ist es wirklich so unerheblich? Oder will man der schmuddeligen Kronenzeitung keinen Recherche-Erfolg gönnen? Oder hängt das doch mit Eigentümerinteressen zusammen. Wie gesagt: Auch „komisch“

Krone: http://www.krone.at/Oesterreich/t-Story-397720
Kurier: http://kurier.at/politik/inland/56.891.214
ORF: http://orf.at/stories/2223152
Vorarlberg Online: http://vol.at/su2EBn

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Die komplette Presseschau ist in der am Mittwoch erscheinenden akin nachzulesen…

 

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