Das Recht auf Asyl ist weniger humanitär als man glauben möchte
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Straches Propagandaminister Herbert Kickl war neulich wieder toll in Fahrt. Er will ein Volksbegehren zur Einführung einer „Österreichischen Menschenrechtskonvention“, weil die Europäische Konvention „nicht dazu geeignet“ sei, „die Völkerwanderungsproblematik in den Griff zu kriegen“. Die EMRK, so Kickl stamme „aus den 60er Jahren, aus der Zeit des ‚Eisernen Vorhangs'“, sei „nicht mehr zeitgemäß“ und bilde „die Grundlage für eine exzessive Auslegung der Asylbestimmungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte“. So werde „etwa Homosexualität als Asylgrund anerkannt“. Sagt Kickl. Asylwerber müßten kaserniert werden und außerdem sollte sich Österreich auf die Aufnahme von Frauen und Kinder konzentrieren und „auf Menschen mit christlicher Religion, um das Einsickern von Islamistischen Fundamentalisten zu verhindern“ (APA OTS0023, 23.8.2015).
Der übliche Topfen also: Hanebüchene Forderungen gepaart mit Falschinfos. In der EMRK steht nämlich kein Wort vom Asylrecht und daher kann der EGMR gar nicht darüber Recht sprechen. Was der Gerichtshof gemacht hat, war lediglich Urteile darüber zu fällen, wie man mit Flüchtlingen in Europa umgehen darf –
nicht, weil sie Asylsuchende sind, sondern deswegen, weil sie eben Menschen sind. Solche muß man halt nach der Idee der Konvention auch menschenwürdig behandeln. Und die EMRK stammt nicht aus den 60er-Jahren, sondern wurde 1950 unterzeichnet, als der Vorhang noch gar nicht so eisern war – die Berliner Mauer zum Beispiel wurde erst 1961errichtet.
Nur: Irgendwo hat Kickl schon recht. Nicht, mit dem, was er sagt, sondern mit der Wahrheit zwischen den Zeilen. Denn das Asylrecht war in der Praxis tatsächlich nie ein humanitäres. Flüchtlinge nahm ein Staat nur aus einem anderen Staat auf, dessen politisches Regime ihm nicht genehm war oder das er zumindest als geringwertig einschätzte. Asylwerber aus Staaten, mit denen man befreundet war, waren unerwünscht, denn die Aufnahme von Flüchtlingen war immer ein Affront gegen den Verfolgerstaat. Das hieß: Dieser Staat ist kein Rechtsstaat, dort ist der Flüchtling schlimmen Gefahren ausgesetzt. Waren die geschäftlichen oder auch militärischen Beziehungen des potentiellen Aufnahmelands zum Verfolgerstaat aber gut, war ein Flüchtling natürlich unerwünscht. Wenn man daher heute an die Flüchtlinge, die in der Nachkriegszeit aus der Tschechoslowakei, Ungarn oder Polen gekommen sind, erinnert, vergißt man, daß das damals politisch opportune Flucht war. Das Asylrecht war somit auch eine politische Waffe und nicht als Barmherzigkeit gedacht.
Genauso kann man auch Kickls Forderung nach christlichen Flüchtlingen verstehen: Er möchte nur Menschen im Land, die „zu uns passen“ – das hat zwar wenig mit dem menschenrechtlichen Image des Asylrechts zu tun, aber viel mit der jahrzehntelang geübten Praxis. Man erinnere sich beispielsweise an jene Deutschen und Österreicher, die in der Nazizeit nach Großbritannien flüchteten – sie kamen aus einem Feindstaat. Da hatte man zwar keine Probleme mit einem diplomatischen Affront und schickte daher auch niemanden zurück. Aber man schaute sehr genau darauf, wen man wirklich als Flüchtling mit allen Rechten akzeptierte. So wurden eben auch nicht nur diejenigen, die wirklich deutsche Spione hätten sein können, sicherheitshalber interniert. „Enemy Aliens“ war die Bezeichnung für die Flüchtlinge und sie waren nur eingesperrt, weil sie die falsche Muttersprache hatten.
Das Asylrecht als humanitäre Institution war immer schon eine Illusion. Es ging seit jeher vor allem um politische Opportunität. Ob das so bleiben muß, ist aber eine andere Frage.
*Bernhard Redl*
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