„Bekanntmachung eines Vereinsverbots gegen ‚linksunten.indymedia‘: […] 1. Der Verein „linksunten.indymedia“ läuft nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider und richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. 2. Der Verein „linksunten.indymedia“ ist verboten und wird aufgelöst.“(Deutsches Bundesministerium des Innern, bundesanzeiger.de)
Das Verbot von linksunten.indymedia.org ging natürlich nach hinten los. Einen derartigen Bekannheitsgrad hat das zweite deutsche Indymedia-Center (nach de.indymedia.org, das vom Verbot — noch — nicht betroffen ist) wohl früher nicht gehabt. Linksunten ist jetzt zwar offline, aber das kann man auch dezidiert nachlesen auf der bekannten URL. Der Server ist umgezogen, die Internetadresse ist eine Subdomain des internationalen Verbunds der Indymedia-Centers und wird von dort verwaltet — und der sitzt in Brasilien, worauf das deutsche Innenministerium keinen Zugriff hat.
Auch die Rechtsgrundlage für dieses Verbot ist recht spannend. Um den Verein überhaupt verbieten zu können, mußte ihn das Innenministerium erst einmal gründen — es gibt nämlich gar keinen eingetragenen Verein dieses Namens, das Ministerium behauptete einfach seine Existenz. Damit konnte man dessen Verbot, das Verbot seiner Medien sowie die Hausdurchsuchungen bei seinen ebenso konstruierten Vorstandsmitgliedern rechtfertigen.
Es geht nämlich offensichtlich nicht darum, eine als „verfassungsfeindlich“ angesehene Website zu verbieten. Vor allem scheint es wichtig zu sein, kurz vor den deutschen Bundestagswahlen Härte zu zeigen. Es geht auch darum, das bereits beschlossene, aber noch nicht in Kraft getretene „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ zu rechtfertigen. Vor allem aber ist der Zweck offensichtlich, die Kritik am polizeilichen Umgang mit den Medien bei den Auseinandersetzungen in Hamburg beim G20-Gipfel zurückzuweisen. Denn schon während des Gipfels hagelte es nicht nur Proteste auch von Reportern bürgerlicher Medien, die von der Polizei mit Filmverbot und Dresche bedacht worden waren. Auch die seltsame Art, begründungslos Journalisten einfach die Akkreditierungen zu streichen, erzeugte ziemliches Aufsehen. „Hamburger Morgenpost“ am 22.8.: „Während des Gipfels wurde 32 Journalisten nachträglich die bereits erteilte Akkreditierung entzogen, zunächst ohne Angabe von näheren Gründen. Mittlerweile klagen neun von ihnen vor dem Berliner Verwaltungsgericht und wollen nachträglich feststellen lassen, dass die Maßnahme rechtswidrig war. Zumindest in einem Fall musste das Bundeskriminalamt bereits Fehlverhalten einräumen.“ Und siehe da, jetzt verbreitet das Innenministerium, daß zwei der behaupteten Linksunten-Aktivisten zu jenen Journalisten gehört hätten, denen die Akkreditierung entzogen worden wäre. Und bei ebenso angenommenen Linksunten-Aktivisten habe man Zwillen und Schlagstöcke gefunden — ob das die selben waren, wird dabei allerdings nicht erwähnt.
Daß gleichzeitig die neue schwarz-gelbe Regierung in Nordrhein-Westfalen daran arbeitet, die erst 2016 von der rot-grünen Vorgängerregierung durchgesetzte Kennzeichnungspflicht für Polizisten (Dienstnummer auf der Uniform) wieder abzuschaffen, paßt da sehr schön ins Bild.
-br-