WUK sperrt arabische Knesset-Abgeordnete aus

Hanin Zoabi ist Kummer gewöhnt. Die arabische Knesset-Abgeordnete der Balad-Partei sollte, ginge es nach der Regierungsmehrheit in Jerusalem, schon lange kein Mandat mehr haben. Denn Parlament und Wahlbehörde waren der Meinung, daß sie als Teilnehmerin der Gaza-Flotille 2010 gar kein Recht mehr auf eine Wiederkandidatur hätte — was das Höchstgericht allerdings anders sah. Wegen einer öffentlichen Äußerung im Zusammenhang mit dem Gazakrieg 2014 sperrte man ihr für ein halbes Jahr einfach das Mandat.

„Umstritten“ ist also sicher ein Ausdruck der auf Zoabi paßt. Eigentlich hätte sie am Donnerstag in Wien im WUK sprechen sollen zum Thema „Kolonialismus und/oder Demokratie“. Organisiert war die Veranstaltung von der Palästina-Solidarität Österreich worden. Daraus wird jetzt nichts — am Montag nachmittag lud der WUK-Vorstand die Veranstalter wieder aus. Die Begründung ist bemerkenswert: „Der WUK-Vorstand hat am 6. Mai beschlossen, dass die Veranstaltung nicht in den Räumen des WUK stattfinden wird. Grundlage für diesen Beschluss ist unter anderem der Wiener Gemeinderatsbeschluss vom 27. Juni 2018 betreffend keiner Zusammenarbeit mit der antisemitischen BDS-Bewegung. BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) wird in Ankündigungen zur Veranstaltung als Unterstützer genannt.“ Auf unsere Nachfrage, inwiefern denn nun Gemeinderatsbeschlüsse für eine nicht der Gemeinde Wien gehörende Institution bindend seien, erhielten wir allerdings keine Antwort mehr.

Die Initiatoren der Veranstaltung wollen das aber nicht so ohne weiteres akzeptieren. In einem „Appell an den Vorstand des WUK und die zukünftige Vizebürgermeisterin Birgit Hebein“, der von rund 70 Leuten, darunter auch einigen aus sozialdemokratischen und kirchlichen Zusammenhängen, unterzeichnet worden ist, heißt es unter anderem: „Man kann über den Nahost-Konflikt trefflich streiten, aber dazu müssen die verschiedenen Meinungen auch zugelassen werden, insbesondere die demokratischen Stimmen. Wir sehen in den vergangenen Jahren eine gefährliche Tendenz oppositionelle Meinungen immer mehr einzuschränken und schließlich mundtot zu machen. Insbesondere gilt das für die Seite der Palästinenser und ihre Unterstützer hierzulande. Demokratie kann es aber ohne Meinungsfreiheit nicht geben. Angesichts der Konzentration der Medienmacht und der Kontrolle der Wirtschaftseliten über die Medien, kommt dem öffentlichen Raum und insbesondere Einrichtungen der Stadt und von dieser geförderte Initiativen in der Ausübung, ja Verteidigung demokratischer Artikulation und Vielfalt eine besondere Bedeutung zu. Reale Demokratie braucht Mittel und Räume. Für Bruno Kreisky war es selbstverständlich mit beiden Seiten zu sprechen und er machte die PLO, die palästinensische Befreiungsorganisation, zum Verhandlungspartner. Österreich und Wien haben sich damit weltweit Anerkennung als Friedensstifter erworben, die in letzter Zeit immer mehr verspielt wurde. Es darf nicht sein, dass eine Seite nicht nur nicht angehört wird, sondern aus dem Diskurs gänzlich ausgeschlossen werden soll.“

Für heute, Dienstag, ist eine „Aktionsbesprechung – lasst Hanin sprechen“ angekündigt. Ab 18 Uhr 30 soll im Cafe Sperlhof auch mit WUK-Aktiven darüber diskutiert werden, ob und wie die Veranstaltung doch noch möglich gemacht werden könnte.

Bernhard Redl

Update 8.5., 10 Uhr: Die Veranstaltung findet jetzt doch statt, allerdings im Aktionsradius Wien: Donnerstag, 9.7., 19h, Gaußplatz 11, 1200 Wien

 

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