(aus der Druckausgabe 16/2019)
„Ludwig/Hacker/Sima: Gemeinsam für Sicherheit und Wohlbefinden in ganz Wien“ — so betitelt die Wiener SPÖ eine Presseaussendung. Sie hätten auch schreiben können: „SPÖ-Stadträte freuen sich darüber, die Alkoholiker vom Praterstern wegbekommen zu haben, und haben jetzt vor, die Sandler so wegzusperren, daß die anständigen Leute sie nicht mehr zu sehen bekommen.“ Das wäre ehrlicher gewesen. Wäre aber wohl nicht so gut rübergekommen.
Es ist schon faszinierend, wie Michael Ludwig tickt und wann er welche Maßnahmen verkündet — es schwingt immer ein bisserl was von Demütigungsgebärde mit. Das Alkoholverbot am Praterstern hat er als zwar schon designierter Bürgermeister, aber noch als Stadtrat dekretiert — als klaren Schuß vor den Bug der Grünen, welche Rolle sie denn in seiner kommenden Amtszeit als Stadtchef so zu spielen hätten. Jetzt, punktgenau mit der Amtsübergabe des grünen Stadtsenatsmandat an Birgit Hebein — die dieses Alkoholverbot massiv kritisiert hatte –, kommt die Verkündung, daß man das Alkoholverbot am Praterstern jetzt evaluiert und es sich als ganz super herausgestellt hätte. Und es deswegen natürlich beibehalten werde. Als nächstes wolle man die Obdachlosentagesstätten bei den U6-Stationen Josefstädterstraße und Gumpendorferstraße so umgestalten, daß deren Klienten für die Passanten völlig unsichtbar werden. Bei der Josi will man „einen neuen betreuten, sichtgeschützten Außenbereich“. Beim „Jedmayer“ an der Gumpendorfer möchte man die Nichtsesshaften überhaupt in einen dort vorhandenen Innenhof verfrachten.
Ja, das wird die Akzeptanz einer „niederschwelligen“ Sozialeinrichtung sicher ungemein erhöhen, wenn der „Außenbereich“ aussieht wie ein Gefängnishof.
Auch die „Evaluierung“ der Verpolizeilichung des Pratersterns ist ja so ungemein ergebnisoffen gemacht worden. Man hat die dortigen Passanten (ohne die Trankler natürlich, denn die hat man ja schon vertrieben) gefragt, ob sie sich jetzt am Praterstern „sicher“ fühlten. Super-Frage! Sagt man „Ja“, bestätigt das die Rathausmaßnahmen in ihrer Richtigkeit. Sagt man „Nein“, ist das ein Grund, die Überwachung und Verdrängung noch ein bisserl mehr zu verschärfen. Ob man sich von Polizei und U-Bahn-Security eingeschüchtert fühle oder in seiner Freiheit beschnitten, wurde hingegen offensichtlich nicht bei dieser „Evaluierung“ gefragt.
„Ich freue mich, dass es statt neuer Alkoholverbote mehr Sozialarbeit und medizinische Maßnahmen an den Wiener Verkehrsknotenpunkten geben wird.“ Das schreibt die Birgit in einem Statement. Was soll sie denn auch sonst sagen? Dem Bürgermeister mitteilen, was sie von ihm hält? Na, das wäre wohl das Ende der Koalition.
-br-
SPÖ-OTS: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20190702_OTS0135ᄃ
Statement Birgit Hebein: https://www.facebook.com/birgithebein.seite/photos/a.2070808199898935/2246895152290238/?type=3&theater