Ein Gespenst geht um in Europa…

Von Rosalia Krenn.

Wien im Ausnahmezustand. Das Wort Ausgangssperre wird von den derzeit verantwortlichen Regierungspolitiker_innen (noch) nicht in den Mund genommen. Von Ausgangsbeschränkungen ist die Rede. Das klingt nicht so faschistisch. Es wird alles für unsere Gesundheit getan. Für einen gesunden Volkskörper in einem gesunden Staat? Der Bundeskanzler wendet sich in allen Reden, die ich per Internet verfolgt habe, explizit an die „Österreicherinnen und Österreicher“. Schon komisch. Immerhin hat in Wien hat ein Drittel der Bevölkerung keine österreichischen Staatsbürgerschaft. Aber der nationale Schulterschluß in dieser Ausnahmesituation wendet sich ausschließlich als Appell an die Österreicher und Österreicherinnen.

Die Polizei arbeitet wiedereinmal mit dem Bundesheer zusammen. Innen- und Verteidigungsministerium beteuern sich gegenseitig der guten bis hervorragenden Zusammenarbeit. Damit mehr Polizisten Streife fahren können, werden sie u.a. von ihren Botschaftsbewachungspflichten entbunden, diese Dienste übernimmt das Bundesheer ganz selbstverständlich und sehr gerne.

Gruselige Szenen habe ich selber erlebt. Ein kleiner romantischen Park im 17. Bezirk in Wien, in dem sich Kinder, Kleinkinder mit ihren Eltern und ein kartenspielender Männerstammtisch regelmäßig versammelt hatten, ist plötzlich wie ausgestorben. Vereinzelt sitzen einige ältere Leute auf Parkbänken und genießen die Nachmittagssonne. Bis ein Polizeiauto mitten in den Park hineinfährt. Forsch klingen die Stimmen der Polizisten. Der Park sei sofort zu räumen. Es sei unzulässig, sich auf eine Parkbank zu setzen. Eine Frau protestiert. Wenn die Polizei auf einer Ausgangssperre beharrt, sollte dies auch in dieser Form mitgeteilt werden, sie sehe keinerlei rechtliche Handhabe. Die wenigen Parkbesucher_innen sind eingeschüchtert und gehen ihrer Wege.

Es mag nicht geplant gewesen sein, die Menschen zu verunsichern und ihnen klar vor Augen zu führen, wozu Staatsmacht fähig ist. Aber es funktioniert. Menschen gehen vor der Staatsmacht in die Knie und diese lotet ihr Potential aus. Bewußt oder unbewußt. Innen- und Verteidigungsministerium rüsten auf. Um auf ein Gesundheitsproblem zu reagieren. Ich dachte immer, dafür braucht man Ärzt_innen, Krankenhäuser, Pflegepersonal und ein funktionierendes Sozial- und Gesundheitsnetz. Nachdem dieses infolge einer unverantwortlichen Sozial- und Gesundheitspolitik seit Jahrzehnten kaputtgespart wurde und wird, sollen jetzt Polizei und Militär für mehr Gesundheit sorgen. Das ist doch ein Aberwitz. Von Herrn Nehammer und anderen wurde uns erklärt, es gäbe etwa vier bis fünf Prozent uneinsichtige Bürger, die es wagen, sich in der Öffentlichkeit „zusammenzurotten“. Hans Bürger äußerte namens des ORF „Unverständnis“. Betont wurde, dass diese uneinsichtigen Bürger das massiv verstärkte Polizeiaufkommen rechtfertigen würde. Damit sind gemeint: verstärkte Streifenfahrten auf öffentlichen Straßen, verstärkte Kontrollen, sogar das Eindringen in einen kleinen Park. Wer sich unerlaubt zusammenrottet, darf sogar mit Geldstrafen bis zu 3600 Euro rechnen. Und den Grünen fällt nichts auf. Gar nichts.

Das hatten wir in Österreich schon einmal. Beliebige Verfolgung aus fadenscheinigen Gründen, an den Haaren herbeigezauberte Ausgangsverbote, Zusammenrottungsverbote, auch Lokalverbote, alles im Sinne der Volksgemeinschaft und im Geiste eines gesunden Volkskörpers. Die, die keine Österreicherinnen und Österreicher sind, werden nicht einmal mehr direkt angesprochen. Die dürfen sich maximal an neue Regierungsvorlagen halten. Im Eilverfahren wird ein neuerlicher Assistenzeinsatz des Bundesheeres beschlossen. Krankheitsbekämpfung scheint ein Aufgabengebiet für Polizei und Armee geworden zu sein.

Diese Bundesregierung versucht nicht nur, uns Menschen, die wir hier zusammen leben, sei es ungarischer, serbischer, nigerianischer oder deutscher Herkunft auseinanderzudividieren um damit Solidarität zu verhindern, sie versucht einen Nationenbegriff neu aufzuladen. Das ist gefährlich, weil es trennend wirkt. Ich warte auf einen empörten Aufschrei der Grünen. Wer hier lebt, hat Recht auf bestmögliche Versorgung auch im Krankheitsfall. Wer hier lebt, hat alle Rechte, die die allgemeine Erklärung der Menschenrechte gewähren. Und da kann und darf es aus Gründen der Menschlichkeit keinen Unterschied geben zwischen Österreicher_innen und Menschen, die über andere Reisepässe verfügen.

Diese Bundesregierung versucht sich über ein Virus zu profilieren, sich als stark und Beschützer der Nation aufzuspielen, allein wer die Absicht erkennt, ist verstimmt. Diese Bundesregierung braucht sich momentan nicht um das Elend auf den griechischen Inseln zu kümmern, es wird ihr wahrscheinlich auch kein Versagen in ihrer Außenpolitik vorgeworfen werden, weil sie sich ja so sehr um die „eigene“ Bevölkerung bemühen mußte. Mit Polizei und Bundesheer. Die helfen mehr als jede Krankenschwester. Oder?

Die Panikmache funktioniert. Wenn ich mir fassungslos an den Kopf greife, sehe ich doch, wie Menschen von Menschen getrennt werden, Österreicher_innen von Leuten mit anderen Pässen, wie eine auf wackeligen Beinen stehende Bundesregierung aus diesem Virus alles herausholt, um sich wahlvorbereitend als die beste Krisenregierung aller Zeiten der nächsten Wahl zu stellen. Ich befürchte nur, dass dieses Vorhaben gelingen könnte. Ein Gespenst geht um in Europa …

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