Sind wir auch weiterhin einer Gesetzgebung per Pressekonferenzen und Behörenwillkür unterworfen? (Druckausgabe 17/2020; Stand 22.9.2020)
Angefangen hat alles mit dem überhaps beschlossenen
Covid19-Maßnahmengesetz und den entsprechenden Verordnungen. Da konnte man noch sagen, da ist ihnen was passiert, weil das Gesetz des Handelns das verlangte. Fehler sind menschlich. Dann kam die falsche Exekution der Verordnungen durch die Polizei, die so handelte, wie sie meinte, es bei den Pressekonferenzen herausgehört zu haben. Das war dann schon nicht mehr tolerabel, weil man vom Führungspersonal der Polizei verlangen kann, die tatsächlichen Verordnungen genau zu lesen.
Herausgekommen ist diese Fehlinterpretation aber erst beim
„Oster-Erlaß“, weil dann klar wurde, daß man in dieser Regierung nicht die geringste Ahnung über die verschiedenen Amtshandlungsformen hat und ein Erlaß nur eine Weisung an Beamte ist, aber nicht die Bürger betreffen kann.
Schließlich erklärte uns der Bundeskanzler, daß ihm
Verfassungswidrigkeit wurscht sei, weil die Normen durch den VfGH eh erst aufgehoben würden, wenn sie keine Bedeutung mehr hätten. Was die Höchstrichter damit quittierten, doch etwas früher als gedacht dieser Regierung klarzumachen, daß es bestimmte Grenzen gibt.
Man dachte, sie hätten was daraus gelernt. Irrtum. Die Regierung macht wieder einmal mit viel Trara Pressekonferenz. Und verkündet: Wenn sich mehr als 10 Personen in einem geschlossenen Raum befinden, machen sie sich strafbar. Anscheinend glaubte man schon wieder damit durchzukommen. Allerdings: Sehr wohl gelernt aus den vergangenen Monaten haben die Journalisten und fragten nach. Gilt das auch in den eigenen vier Wänden? Die Antwort: Nein, natürlich nicht, weil grundrechtswidrig.
Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, da hätten der Gesalbte und seine Apostel gehofft, daß diese Frage nicht kommen würde. Und daß die Polizei das auch wieder genau so exekutiert, wie sie es aus der Pressekonferenz herauszuhören vermeint. Immerhin gab es ja schon nach der alten Verordnung Hausbesuche von Polizisten, die meinten, die Covid19-Verordnung auch in Privatwohnungen exekutieren zu können.
Jetzt also ein neues Covid19-MG. Schon beim ersten hatte man uns gesagt, daß da ja eine Sicherung eingebaut sei, eine sogenannte Sunset-Klausel, also daß dieses Gesetz am 31.Dezember dieses Jahres außer Kraft tritt. Man brauche sich also keine Sorgen machen, daß es mißbraucht werde. Daß man diese Frist vielleicht auch verlängern könnte, war nicht zu hören.
Nun sollte also das Gesetz ein weiteres Jahr lang gelten. Was ein „bestimmter Ort“ ist, dürfte auch in der neuen Fassung eher unbestimmt sein — trotz des Protestes des Verfassungsdienstes. Immerhin: Die Kritik an der doch etwas großzügigen Verlängerung wurde gehört. Das Gesetz soll jetzt mit 30.Juni 2021 Gültigkeit verlieren und nicht erst mit Silvester kommenden Jahres. Aber, so scheint das Motto dieser Regierung zu sein, keine Zugeständnisse ohne Verfassungswidrigkeit. Da steht doch glatt in einem Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen: „Sofern dies aufgrund der epidemologischen Situation unbedingt erforderlich ist, kann durch Verordnung der Bundesregierung ein anderer Zeitpunkt des Außerkrafttretens dieses Bundesgesetzes bestimmt werden, wobei dieser nicht nach dem 31.Dezember 2021 liegen darf.“
Ja, wirklich, das steht da. Es ist wirklich zu bezweifeln, ob der Student, der den Bundeskanzler mimt, tatsächlich 4 Semester Jus absolviert hat — denn daß man ein Gesetz nicht per Verordnung ändern kann, lernt man eigentlich schon in der Einführungsvorlesung für Verfassungsrecht.
Die Fehler der Anfangszeit dieser Regierung und der Corona-Krise sind zwar auch nicht so ohne weiteres zu akzeptieren, aber immerhin verständlich. Jetzt aber hatte man Zeit, sich einzuarbeiten. Jetzt hat der Wahnsinn wohl Methode. Oder die Protagonisten dieses Unfugs sind wirklich so unfähig, wie es den Anschein hat.
Bernhard Redl