Baustelle der „Stadtstraße“ besetzt
Wien, 30. August: Die Aktivist:innen, die seit den frühen Morgenstunden eine Baustelle der Stadtautobahn in Hirschstätten blockieren, haben nach sieben Stunden Sitzblockade ihre Zelte aufgeschlagen.
„Die Polizei präsentierte sich von ihrere netten Seite und ließ uns gewähren. Bestimmt hat sie Angst, vor Skandalen wie bei der Klimademo 2019, deren Konsequenzen noch heute zu Prozessen gegen einzelne Polizisten führt“, erzählt Lucia Steinwender, von System Change, not Climate Change, die schon seit 2019 für eine gerechte Mobilitätswende kämpft.
Fridays for Future und ÖH Wien haben indes eine Mahnwache zur Unterstützung der Besetzung angemeldet. Die Asfinag verkündete, man wolle auf Kommunikation setzen und mit den Aktivist:innen in Dialog treten. Standort: Hirschstettner Straße 44, 1220 Wien (Aussendung systemchange-not-climatechange.at / gek.)
Stand der Dinge am Dienstag (31.8.) laut „Ticker: Lobau bleibt“: „Die Baustelle ist weiterhin blockiert, alle Baustellenfahrzeuge sind abgezogen. Das verdanken wir den mutigen Aktivistis, welche neben der Autobahn ein Camp auf der Baustelle errichtet haben.
Wir wollen dieses Klimakiller-Projekt endgültig einstapfen und dafür brauchen wir euch.
Um den Protest langfristig aufrecht zu erhalten, müssen wir mehr werden. Den Aktivistis vor Ort geht langsam die Luft aus und daher ist eine zwischenzeitliche Ablösung extrem hilfreich.
Auch wenn man nur für ein paar Stunden am Tag vorbeikommen kann. Die ASFiNAG wartet bis wir keine Kraft mehr haben, denn sie haben nicht vor, eine polizeiliche Räumung zu vollziehen, vorerst! Werde jetzt Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung und komm heute noch zum Protestcamp! (Verpflegung und öKlo gibt es vor Ort.)
PS: Wir brauchen noch wetterfeste Planen für das Baustellencamp.“
Mittwoch früh nach Redaktionsschluß der Druckausgabe war die Situation immer noch unverändert.
Daneben existiert immer noch das Camp in der Parkanlage Anfanggasse (bei der Spargelfeldgasse) wo es laufend Veranstaltungen gibt. ###
Updates unter:
https://systemchange-not-climatechange.at
https://twitter.com/ViennaForFuture
Telegram: @Lobaubleibt, https://t.me/s/Lobaubleibt
Programm fürs Camp in der Anfanggasse:
https://www.fridaysforfuture.at/events/camp-fur-die-lobau
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Neues zur rechtlichen Ebene der S1-Pläne
Der andere Teil der umstrittenen Wiener Ost-Um- und Durchfahrungspläne scheint eine weitere Hürde genommen zu haben. Für die geplante Wiener Schnellstraße S1 liegt die nächste Teilbewilligung vor: Der
wasserrechtliche Bescheid des Landes NÖ für das Teilstück
Schwechat-Groß-Enzersdorf – also die Lobau-Querung.
Allerdings wird auch diese erstinstanzliche Entscheidung so schnell nicht rechtskräftig werden. „Wir legen 1.000-prozentig Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein“, kündigt Wolfgang Rehm, Sprecher der Umweltschutzorganisation VIRUS, an. Mit einer Verhandlung im Instanzenzug ist erst kommendes Jahr zu rechnen. Damit steht aber auch die Sinnhaftigkeit der Stadtstraße in Frage, da diese ja den Knoten Hirschstetten (S2) mit der S1 verbinden soll. ###
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WWWebtip:
https://www.semiosis.at/2021/08/28/um-eine-busspur-auf-der-tangente-einzurichten-braucht-es-keine-stadtstrasse/ https://tinyurl.com/16AKINLAA
https://wien.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/meinestadt/verkehr/Oeffentlicher_Verkehr_in_den_Aussenbezirken_2019_7.pdf
https://tinyurl.com/16AKINAK
Auf dem Semiosis-Blog erschien kürzlich ein Interview mit Barbara Laa, Verkehrswissenschaftlerin am Forschungsbereich für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik an der TU Wien. Darin geht es um die zweite
Argumentationslinie pro Stadtstraße: Die Anbindung des
Stadterweiterungsgebiets Aspern! Das ist insofern schräg, weil ja die Seestadt ursprünglich als möglichst autoarm geplant und der
Öffentlichkeit verkauft worden war. Allerdings ist die Argumentation offensichtlich gar nicht so abwegig. Denn, so Laa: „Leider ist beim Ausbau des öffentlichen Verkehrs in der Donaustadt in den letzten Jahrzehnten einiges verschlafen worden. Zwar wurde die U2 in die Seestadt verlängert, das reicht jedoch nicht aus für eine
flächendeckende Versorgung. Ein Blick auf die ÖV-Güteklassen zeigt, dass der Bezirk trotzdem sehr schlecht abschneidet: die Erreichbarkeit entspricht nur punktuell hohen Güteklassen. Es ist verständlich, dass die Menschen hier auf den privaten Pkw ausweichen.“ Die Stadt Wien kann also mit ihrer eigene Untätigkeit und Unfähigkeit die Notwendigkeit des Autoverkehrs argumentieren. Wie katastrophal die Situation in manchen Teilen der Außenbezirke und speziell in Transdanubien ist, zeigt eine Studie der Arbeiterkammer von 2019. Die ist unter dem zweiten Link zu finden. Eine aussagekräftige Karte der Donaustadt ist dort auf Seite 91 zu sehen. ###