Noch ein Brief nach Brüssel!

Wir müssen jetzt endlich transatlantisch denken!

Meint zumindest Mario Czerny

Könnt ihr euch noch erinnern an die Zeit, als „Finnlandisierung“ ein Schreckensbild war? Die ist schon lange vorbei und heute ist Finnlandisierung ein Vorbild nicht nur für Schweden sondern auch für Österreich. Nur mögen die hiesigen Parlamentsparteien das noch nicht so gerne hören. Was wir daher jetzt brauchen, sind — wie in Finnland und Schweden — anständige Umfragen, die eine Zustimmung zum NATO-Beitritt ergeben, also quasi das Beinschab-Tool, aber auf seriös und glaubwürdig. Aber bitte keine amtliche Volksabstimmung! Weil die kostet dann wieder so viel wie einstens die EU-Kampagne und einen Neutralitätsvorbehalt täte dann auch niemand mehr so wirklich glauben, im Gegensatz zu 1994. Nein, da wäre der Ausgang zu unsicher und schließlich gehts ja um Sicherheit!

Gerade jetzt, nach dem Angriff des Russen, wäre es wichtig, auch ganz schnell in die NATO einzutreten! Weil solange der Krieg dauert, kann ein neutrales Österreich keine Rüstungsgüter in die Ukraine schicken! Dieses kleine, so von Exporten abhängige Land kann es sich einfach nicht leisten, auf die Gewinne aus dem Waffenhandel zu verzichten. Glock und Steyr können doch nicht nur dorthin Waffen liefern, wo sie aktuell nicht gebraucht werden! Das verdirbt doch die Preise und daran verdient man nichts. Auch die Saudis würden gerne unsere Pistolen und Gewehre haben, aber die führen halt Krieg im Jemen. Das ist doch blöd, gerade wegen der unsicheren Geschichte mit dem russischen Gas und Öl! Wären wir nimmer neutral, könnten wir dann auch unsere Gas- und Ölrechnungen mit Waffen bezahlen; ein für beide Seiten lohnendens Oil-for-Gun-Programm quasi. Weil an den Schurkenstaaten verdient man wirklich nicht viel und am Schluß werden die dann auch noch von der EU boykottiert. Na danke, wo sollen wir unsere Schießgewehre denn dann hinschicken? Da verarmt Österreich ja total und unsere Corona-Schulden können wir dann auch nimmer bezahlen. Wir könnten dann enden wie Griechenland!


Es ist ja sowieso lächerlich! Österreich ist doch eh nicht mehr neutral. Waren wir eigentlich nie. Die Amis haben ja schon kurz nach dem Krieg in den Geheimdienst investiert, der später der des Heeres werden sollte. Die Lauschposten dieses Dienstes waren auch immer in Richtung Tschechoslowakei ausgerichtet. Mit EU-Beitritt, Vertrag von Lissabon inclusive Verfassungsänderung und der Partnership for Peace sowie dem Kauf von Eurofightern samt Ami-Software ist das mit der Neutralität eh nur mehr Folklore. Und US-Stützpunkte haben wir auch schon genug, sie heißen halt bei uns McDonalds!

Das ist auch der Grund, warum Österreich keine Alternative bleibt. Ohne diese Vorgeschichte könnten wir ja ansonsten auch der OKVS beitreten, also dem russischen Militärbündnis. Wenns nur um die Sicherheit geht, wäre das schon eine Möglichkeit und wahrscheinlich auch billiger. Ob uns jetzt der Ami oder der Russe mit atomar beschützt, wäre ja egal. Putin könnte auch weiterhin in Österreich schifahren und das Gas bekämen wir dann zu besseren Konditionen. Aber dann müßten wir eben auch auf McDonalds verzichten. Das geht also nicht.

Dabei hat den Schmäh mit der aus freien Stücken beschlossenen immerwährenden Neutralität ja schon damals niemand geglaubt. Aber es war 1955 notwendig so zu tun als ob, damit wir den Russen loswerden. Und damit es einen Grund gibt, daß Österreich wieder ein Militär haben kann. Damals wußte zwar keiner genau wozu, außer, daß man irgendwo die alten Nazis beschäftigen mußte und das männliche Jungvolk zur Räson bringen konnte. Aber es hat sich gelohnt, für Lawinenverbauung und Weltcup-Schipisten-Präparieren braucht man halt Leute, die billig sind und keinen Betriebsrat haben. Das war so wichtig für den Tourismus! Und heute gäbe es keine Zivildiener, hätten wir nicht die Wehrpflicht! Gerade bei der Pflegekrise sieht man, wie wichtig das ist.

Natürlich könnte man jetzt sagen, mit einem NATO-Beitritt fiele das Neutralitätsargument für die Existenzberechtigung des Bundesheeres weg. Das stimmt schon, aber die NATO verlangt ja von ihren Mitgliedern, 2% des BIP fürs Militär auszugeben. Also brauchts dann noch viel mehr Bundesheer. Und Schipisten präparieren sich auch nicht von selber!

Aber sind wir nicht von lauter NATO-Mitgliedern umgeben? (Außer der Schweiz halt, aber die greift nicht an, die brauchen nix von uns; die wollten Vorarlberg ja nicht einmal geschenkt annehmen.) Also eigentlich gibts doch keine Gefahr! Oder? Au contraire! Die um uns herum tun zwar alle so lieb, aber sie sind eben auch alle Mitglieder im mächtigsten Militärbündnis der Welt! Denen sind wir schutzlos ausgeliefert! Man stelle sich vor, Österreich bekäme eine Regierung die dem Ami nicht paßt. Dann wären wir ein Schurkenstaat. Zuerst gäbs diplomatische Verwicklungen, dann Sanktionen und zuletzt würden der Ami und der Piefke gemeinsam unsere schöne Alpenrepublik überfallen! Wenn wir hingegen in der NATO sind, kann uns das nicht passieren. Der Orban hat schon gewußt, warum er Ungarn nordatlantisch gemacht hat — weil NATO ist Leo gegenüber Brüssel und Washington.

Oder Erdogan! Die Türkei ist schon seit ewig in der NATO, da müssen wir schon deswegen rein, weil: Wer will den Sultan schon zum Feind haben!? Nicht einmal die Deutschen!

Der Grieche übrigens auch nicht. Der haßt den Türken zwar, aber die beiden sind gemeinsam der NATO beigetreten und haben sich seither nur mehr ganz selten und gar nicht so richtig wechselseitig die Schädel eingeschlagen. Ja, da war es auch kein Problem, wenn in diesen Ländern gerade offene Militärdiktaturen herrschten, denn diese Freiheit hat ein NATO-Mitglied natürlich, ohne sich fürchten zu müssen. Da sieht man wieder, daß die NATO doch ein Friedensprojekt ist und die Souveränität ihrer Mitgliedsländer achtet!


Und außerdem brauchen nicht nur wir die NATO, sondern die NATO braucht auch uns! So wie die EU glücklich war, die äußerst fähigen österreichische Gebirgsjäger und Pioniere in ihre Battle Groups zu bekommen (so wie anno dazumal der GRÖFAZ, aber das ist eine andere Geschichte), so wäre auch die NATO entzückt, über geländegängige Söldner zu verfügen — in Afghanistan hätte man die sicher besser brauchen können als deutsche und US-Plattfüße. Und die Investitionen der Amis in die heute zwei militärischen Geheimdienste würden sich ein dreiviertel Jahrhundert später doch noch auszahlen, weil sie dann endlich unbeschränkt Zugriff auf deren Erkenntnisse hätten.

Also, hopp, hopp, schreiben wir wieder mal einen Brief nach Brüssel, diesmal nicht an die EU, sondern ans NATO-Hauptquartier, aber die Stadt ist ja dieselbe. Und das letzte Mal hat uns so ein Brieferl doch auch nicht geschadet.

Gemeinsam statt einsam! Hoch die transatlantische Solidarität!

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