Initiative Polizisten beobachten die Polizei

Es war ja sowas von erwartbar. Hat das jemand echt geglaubt? “Konsequente und unabhängige Ermittlung bei Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamtinnen bzw. Polizeibeamte in einer eigenen Behörde in multiprofessioneller Zusammensetzung, die sowohl von Amts wegen ermittelt als auch als Beschwerdestelle für Betroffene fungiert und mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet ist.” So stehts im Koalitionspakt vom Neujahr 2020. Doch das dauerte dann noch über zwei Jahre, der Berg kreiste und gebar ein Mäuschen. Noch dazu ein totes. Denn offensichtlich soll das einzige, was von den Plänen dieser Behörde übriggeblieben ist, die polizeiliche Befugnis bleiben — kein Wunder ist das ja auch als Polizeibehörde geplant.

Man stelle sich vor, der Rechnungshof wäre eine Unterbehörde des Finanzministeriums und deren Chef würde vom Minister bestellt. Was aber beim Gerschtl nicht vorstellbar ist, geht bei Menschenrechten durchaus. Die Aussage der grünen Justizministerin, man werde dafür sorgen, daß Weisungen nur schriftlich erfolgen, sagt alles über eine Stelle, die ja eigentlich weisungsungebunden hätte sein sollen.

Die Kritik unter anderem von amnesty international, daß die Zivilgesellschaft nicht bei der Erstellung des Gesetzes miteingebunden war, geht ins Leere — denn man weiß oben ganz genau, woran es hakt, da braucht man keine Expertise von außen. Nur wollen Regierungen einfach keine Kontrolle der Polizei, weil sie wissen, wie Polizei funktioniert. Das ist so wie beim Militär — will man keine durchgeknallten Faschisten dort, müßte man es auflösen. Bewaffnete Einheiten mit weitreichenden Vollmachten tendieren nunmal dazu, brutale Menschen, vor allem Männer, anzuziehen, respektive die übrigen zu brutalisieren. Ein Heer, das nicht bereit ist, zu morden, ist unbrauchbar. Polizisten, die keine herabgesetzte Gewalthemmschwelle haben, kann man nicht so leicht dazu bringen, beispielsweise Demonstranten zu verprügeln oder Push-Backs an der Grenze durchzuführen. Man muß nur darauf achten, daß sie keine Respektspersonen verhauen, weil das kann blöd ausgehen. Bei Obdachlosen, Gammlern oder Dunkelhäutigen kann man da schon mal ein Auge zudrücken. (Lediglich bei den Dunkelhäutigen muß man aufpassen, daß das keine Amis oder gar UNO-Delegierte sind.) Wenn dann ausnahmsweise doch irgendwas zu arg wird, zum Beispiel ein 14-jähriger von hinten erschossen, und das dann auch nicht zu vertuschen ist, dann wissen wir, wie es ausgeht, nämlich mit einem Urteil von höchstens 11 Monaten bedingt und einer disziplinaren Rüge und dann sofort wieder zurück in den Dienst.

Das ist gewollt. Der Staat braucht solche Leute. Und derzeit sucht die Polizei händeringend und mit aufwendigen Kampagnen nach Bewerbern — denen kann man doch nicht gleich bei der Einschulung sagen, sie müßten schwer aufpassen, was sie tun, weil ihnen da jetzt eine wirklich unabhängige Behörde auf die Finger guckt.

PS: Ältere Semester werden sich vielleicht noch daran erinnern, als 1999 nach dem Fall Omofuma eine ähnliche Institution im Innenministerium installiert worden war. Dieser Menschenrechtsbeirat war dann aber doch zu lästig, wurde schrittweise demontiert — unter anderem durch Kriminalisierung eines migrantischen Mitglieds — und sitzt jetzt völlig bedeutungslos in einem Nebenkammerl der Volksanwaltschaft. Daß die fortwährende Existenz dieses Beirats in der ganzen Debatte nie erwähnt worden war, sagt wohl alles über dessen Wichtigkeit aus.

Bernhard Redl

Siehe auch:
https://akinmagazin.at/2020/03positi.htm

Die Kriminalisierung von Bülent Öztoplu:
https://akinmagazin.at/2002/33.02/33notiz.htm
https://fm4v2.orf.at/andreas/55827/main.html

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