Salzburger Nazerln (und deren Freunde)

Blick nach rechts in der Mozartstadt

(Akustische Wutversion: http://cba.fro.at/260277)

Die Zerstörung des Euthanasiedenkmals im Salzburger Mirabellgarten, das an die Aktion T4 1941 erinnern soll, in deren Rahmen über 400 Personen nach Hartheim abtransportiert und dort ermordet worden sind, ist nicht der erste und einzige erschütternde Gewaltakt gegen antifaschistische Symbole. Die damals abtransportierten Personen waren mehrheitlich Menschen mit körperlicher und/oder mentaler Beeinträchtigung, als krank oder „volksschädlich“ bezeichnete Menschen, etwa Personen mit homosexueller Orientierung. Das Euthanasiedenkmal wurde in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai zerstört. Dort war der Treffpunkt der Anti-FPÖ-Demonstration am 14. Mai, anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung von H.C. Strache und Vilimsky. Ein Zusammenhang der Zerstörung mit der Gesinnung breiter Teile der FPÖ kann vermutet werden. Jedenfalls war es ein rechter Anschlag, eine Gewalttat von Menschen, die mit antifaschistischer Haltung nicht einverstanden sind. Die Empörung über diesen Gewaltakt brachte über 200 Menschen zum Mahnmal. Die Demonstration führte durch die Altstadt vor den Stieglkeller, in dem die Wahlkampfveranstaltung der FPÖ stattgefunden hatte und wurde ohne Zwischenfälle friedlich beendet.

Rechte Gewalt in Österreich nimmt zu und wird bedrohlicher. In der Nacht 8./9. Mai wurde die Mauer der Gedenkstätte Mauthausen besprüht, am Sonntag darauf empfanden viele Teilnehmer_innen der jährlichen Befreiungsfeier die rechten Schmierereien als beklemmend. Es fand sich dort der Satz „…ab ins Gas“.

Bis heute hat die Beschreibung Salzburgs durch Thomas Bernhard als „katholisch-nationalsozialistisch“ volle Gültigkeit. Am jüdischen Friedhof in Salzburg wurden Gräber beschmiert, am Eingangstor der Synagoge wurde der Davidstern gelb übermalt, ständig werden Stolpersteine beschmiert, auch Büros von antifaschistischen Organisationen wie etwa der ,Aktion Kritischer Schüler_innen‘. Das Gebäude der HOSI Salzburg (Homosexuellen-Initiative) ist immer wieder Angriffen ausgesetzt, so wird etwa bewußt gegen das Gebäude gepinkelt oder es werden Farbkugeln gegen das Gebäude geschossen Gezeichnet wurde die rechte Schmiererei mit C18, dem Kennzeichen der „blood and honor“ Bewegung, einer rechtsextremen Gruppierung.

In Salzburg wird die Aggression gegen die „Bettler_innen“ immer massiver. Ein Schlaflager der Roma/Romni in Schallmoos wurde angezündet, ein Schlaflager unter der Staatsbrücke ist geräumt worden. Am 10. Mai zogen etwa 10 „Glatzen“ durch die Linzergasse, um gegen die dort sitzenden „Bettler_innen“ und für die Durchsetzung eines Bettelverbotes zu demonstrieren, spontan fanden sich über 20 Antifaschist_innen ebenfalls ein. Seit Aufhebung des Bettelverbots durch den Verfassungsgerichtshof 2012 wird in der Stadt Salzburg über eine gesetzliche Regelung der Bettelei diskutiert, die Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ) lädt für zu einem Runden Tisch ein, um für die „Bettelproblematik“ eine „Lösung“ zu finden. Die Stimmung vieler Salzburger_innen ist gegen die „Bettler_innen“ gerichtet, es kommt zu verbaler Gewalt, die Menschen werden auch immer wieder bespuckt. Dieses Verhalten ist in einem politischen Klima möglich, das vor allem von der ÖVP gesellschaftsfähig gemacht wurde und wird. Im Stichwahlkampf um den Salzburger Bürgermeistersessel plakatierte der Spitzenkandidat der ÖVP Harald Preuner flächendeckend in der Stadt feindselig gegen die „Bettelbanden“.

Diese Grundhaltung der Feindseligkeit, der Intoleranz und des Fremdenhasses schafft die Voraussetzung für Gewalt auf der Straße, gegen Minderheiten. Das ist die politische Stimmung, die von der sogenannten gemäßigten und salonfähigen politischen Mitte produziert und mitproduziert wird.

In Eben im Pongau (2.300 Einwohner_innen) will das Land in einem Gasthof etwa 40 Asylwerber_innen unterbringen. Am 18. Mai fand ein Bürger_inneninformationsabend statt. Der Bürgermeister von Eben Herbert Farmer (ÖVP) will das so nicht akzeptieren, Schützenhilfe erhält er vom Bürgermeister Rupert Bergmüller (ÖVP) aus der Nachbargemeinde Hüttau. Die Abendveranstaltung war extrem gut besucht, die Bürger_innen von Eben nahmen sich kein Blatt vor den Mund. Unter anderem war zu hören: „Unsere Frauen werden sich nicht mehr aus dem Haus trauen“ oder „Wenn ich Flüchtling wäre, ginge ich auch nach Österreich, weil sich die Österreicher alles gefallen lassen“ oder etwa: „Die 40 bis 50 Leute, die da kommen, gründen eine Bande und gehen einbrechen.“ Entschieden ist noch nichts, es wird Gespräche mit dem Land geben.

Eine tiefsitzende Angst vor dem Fremden paart sich mit der Ablehnung antimilitaristischer Gesinnung. Im Ort Goldegg, wo seit Jahren über einen Platz für ein Deserteursdenkmal debattiert wird, wurden seinerzeit die Deserteure von der Goldegger Bevölkerung großzügig unterstützt und versteckt, es gab dort eine breite Deserteursbewegung.

Überraschenderweise stellte sich der Grünpolitiker Cyriak Schwaighofer auf die Seite der Verzögerungstaktiker und forderte einen neuen breiten Dialog ein, der Historiker Michael Mooslechner, der eine umfassende Arbeit über die Widerstandsaktivitäten und die Deserteure und ihre Unterstützer_innen verfasst hatte, wird schön langsam ungeduldig. Die verantwortlichen Politiker_innen zieren sich.

Fremdenhass und Fremdenangst gehen Hand in Hand mit der Ablehnung sexueller Orientierungen jenseits von Heterosexualität. Der Vorstoß der SPÖ, den Diskriminierungsschutz auszudehnen blockt die ÖVP wieder einmal ab. Homosexualität der Heterosexualität gleichzustellen kommt für die ÖVP wie für Teile der katholischen Kirche nicht in Frage. Weihbischof Laun hatte vor einigen Wochen auf der Internet-Seite kath.net verlauten lassen, dass die Mißbrauchsgefahr bei Regenbogenfamilien höher sei und der Frau ihr höchstes Ziel, die Mutterschaft, genommen würde, Homosexualität sei daher als frauenfeindlich zu betrachten.

Ein Staatsantifaschismus, der sich mit Desertion aus dem Naziheer schwer tut, gewählte Volksvertreter_innen, die Fremdenangst schüren, menschenverachtende Fremdengesetze verabschieden und Asylwerber_innen als Bedrohung zeichnen, Verbreiter der Angst vor einer anderen sexuellen Orientierung, sie schaffen ein Klima der Ablehnung und der Furcht vor allem Andersartigen. Diese unselige Allianz bereitet den Boden für rechte Gewalt auf. Die Goldhauben- und Lodenmantelfraktion in Salzburg sorgt für die ideologische Unterfütterung.

„Grüß Gott Salzburg“, diesen Song von Ludwig Hirsch empfehle ich allen Salzburger_innen, die mit offenen Augen durch die Welt gehen möchten. Er handelt von der Unbarmherzigkeit in einer Stadt, die über einen Erzbischof verfügt. Es handelt von der Unmenschlichkeit einer herablassenden Bürgerschicht, die alles verdammt und allein durch ihre Blicke andersdenkende Menschen zu demütigen, die versuchen, ihr Anderssein nicht zu verstecken. Es handelt von der Grausamkeit, mit der Menschen begegnet wird, die für sich das Recht auf ein Leben in Würde beanspruchen.

Das sind weder gute Neuigkeiten noch rosige Aussichten, abgesehen davon, dass wir das Potential haben, diese Welt durch unser Tun zu verändern und nicht wissen können, ob unser Tun diese Welt nicht verändern könnte.

rosalia krenn
arge wdv & flüchtlingsbetreuung

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